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Die real existierende TI - Seite 3
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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 26. Jun 2024 10:50    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Sie reden dagegen laut Ihrer Skizze von der Vorhersage der nahen Vergangenheit aus der fernen Vergangenheit. Letzteres ist möglich, ist in meiner Terminologie aber keine echte Vorhersage (Prädiktion), sondern eine Retrodiktion.

Ich rede von der vollständigen mathematischen Vorhersage der Detektorergebnisse auf Basis der vollständigen mathematischen Kenntnis der Präparation, also eine Prädiktion der nahen Zukunft.

Das ist aus praktischen Gründen natürlich eine Fiktion.

Auch aus theoretischen Gründen. Die vollständige Kenntnis der Präparation, also der Daten auf dem Schnitt der Cauchyfläche mit den Vergangenheitskegeln der Messakte ist auch theoretisch einem Beobachter erst dann möglich, wenn alle Messakte im Vergangenheitskegel des Beobachters sind.

Rein mathematisch ist die Prädiktion natürlich möglich, da man da nur behauptet, wenn die Präparation dies ist, dann sind die Messergebnisse das. Ob die Präparation korrekt modelliert ist, ist ja kein mathematisches Problem.

Ja.

Wie gesagt, es handelte sich nur um ein begriffliches Missverständnis.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Telefonmann



Anmeldungsdatum: 05.10.2011
Beiträge: 237

Beitrag Telefonmann Verfasst am: 26. Jun 2024 11:13    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Das gibt es im Prinzip auch, nämlich die Projektionsoperatortechnik, wie sie für offene Systeme benutzt wird (siehe z.B. Breuer & Petruccione).

Danke. Muss ich mir ansehen. Das Buch kann man im www downloaden.

EDIT: Interessant wäre Breuer, Petruccione, "State vector reduction in relativistic quantum mechanics: An introduction", Lecture Notes in Physics, 1999, leider nicht frei zugänglich
Maddin01
Gast





Beitrag Maddin01 Verfasst am: 26. Jun 2024 20:31    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Beitrag A.Neumaier 26. Jun 2024 06:04 Antworten mit Zitat
Maddin01 hat Folgendes geschrieben:
Kurze Zwischenfrage: wenn man in der TI keine Vorhersagen zur Zukunft treffen kann, wie verträgt sich diese dann mit den anderen physikalischen Theorien, wo ich ohne Probleme zukünftige Ereignisse berechnen kann?


Das hat eigentlich nichts mit der TI oder Quantenmechanik zu tun, sondern nur mit (klassischer) relativistischer Dynamik. Da sind Vorhersagen der Zukunft aus Daten der Vergangenheit zwangsläufig approximativ (also nicht unmöglich, aber unsicher und/oder Zufall-behaftet).

Trotz deterministischer Gleichungen und eines wohlgestellten hyperbolischen Anfangswertproblems! Denn die nötigen Anfangsdaten kann ein physikalischer Beobchter nicht gesammelt haben, bevor sein Vergangenheitskegel alle vorherzusagenden Beobachtungspunkte enthält.

In der theoretischen Relativitätstheorie macht man daher (deterministische oder stochastische) Annahmen über die fehlende Information. Dann hat man ein Modell, in der der Theoretiker in der Rolle Gottes ist, nämlich mehr kennt als ein physikalischer Beobachter kennen kann. Daher kann er Vorhersagen machen. Deren Qualität ist aber nur so gut wie die hineingesteckten Annahmen korrekt sind.

In der Praxis berücksichtigt man, dass ein Modell nicht vollständig korrekt sein wird, indem man durch Störungsrechnungen den Einfluss der gemachten Annahmen abschätzt und nur das behauptet, was robust genug unter Störungen ist. Der tägliche Wetterbericht ist ein Beispiel dafür.


Okay, also global ist alles determiniert!
Das heißt, ich kann dann gute Vorhersagen machen, wenn kleine Abweichungen fast keinen bzw einen vernachlässigbaren Einfluss haben? Also ähnlich wie chaotische vs nicht-chaotische Systeme?
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 26. Jun 2024 20:40    Titel: Antworten mit Zitat

Maddin01 hat Folgendes geschrieben:

Okay, also global ist alles determiniert!
Das heißt, ich kann dann gute Vorhersagen machen, wenn kleine Abweichungen fast keinen bzw einen vernachlässigbaren Einfluss haben? Also ähnlich wie chaotische vs nicht-chaotische Systeme?

Ja.
antaris



Anmeldungsdatum: 12.12.2022
Beiträge: 692
Wohnort: In einem chaotischen Universum

Beitrag antaris Verfasst am: 27. Jun 2024 21:16    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

Die vollständige Kenntnis aller im Vergangenheitslichtkegel des Labors definierten Grössen reicht immer noch nicht aus, um den Messwert vorherzusagen. Denn determiniert ist die Zukunft nur durch den Gesamtzustand des Universums auf einer Cauchy-Fläche. Jede solche schneidet aber den Vergangenheitslichtkegel des Labors nur in einer relativ kompakten Menge, und der Einfluss der Daten ausserhalb dieser Menge muss stochastisch approximiert werden.


Was genau ist eine Cauchyfläche? Ich habe davon im Bezug auf schwarze Löcher gelesen aber bisher nur von Ihnen auch im Bezug der zeitlichen Entwicklung des Universums.

Nach meiner Auffassung ist diese eine Hyperfläche, ähnlich geblättert wie übereinandergestapeltes Papier, dessen Seiten je nur einmal durch kausale Verkettungen geschnitten werden können.

Im Internet lässt sich nicht so viel darüber finden.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Jun 2024 21:32    Titel: Antworten mit Zitat

Am einfachsten liest du erst mal hier nach:

https://en.wikipedia.org/wiki/Cauchy_surface

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 27. Jun 2024 21:36    Titel: Antworten mit Zitat

[quote="antaris"]
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

Die vollständige Kenntnis aller im Vergangenheitslichtkegel des Labors definierten Grössen reicht immer noch nicht aus, um den Messwert vorherzusagen. Denn determiniert ist die Zukunft nur durch den Gesamtzustand des Universums auf einer Cauchy-Fläche. Jede solche schneidet aber den Vergangenheitslichtkegel des Labors nur in einer relativ kompakten Menge, und der Einfluss der Daten ausserhalb dieser Menge muss stochastisch approximiert werden.


Was genau ist eine Cauchyfläche? Ich habe davon im Bezug auf schwarze Löcher gelesen aber bisher nur von Ihnen auch im Bezug der zeitlichen Entwicklung des Universums.

Nach meiner Auffassung ist diese eine Hyperfläche, ähnlich geblättert wie übereinandergestapeltes Papier, dessen Seiten je nur einmal durch kausale Verkettungen geschnitten werden können.
Ja, das ist in hyperbolischen Raumzeiten richtig. Es ist eine 3-dimensionale (Hyper-)Fläche, zu der es ein Lorentz Koordinatensystem gibt, wo diese Fläche die Koordinaten t=0 hat.
antaris



Anmeldungsdatum: 12.12.2022
Beiträge: 692
Wohnort: In einem chaotischen Universum

Beitrag antaris Verfasst am: 27. Jun 2024 21:59    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

Ja, das ist in hyperbolischen Raumzeiten richtig. Es ist eine 3-dimensionale (Hyper-)Fläche, zu der es ein Lorentz Koordinatensystem gibt, wo diese Fläche die Koordinaten t=0 hat.


Ist die (unsere reale) Raumzeit hyperbolisch? In welchem Bezug steht das zur Realität oder ist es rein abstrakt anzusehen? Sind die benachbarten Flächen raumartig getrennt (weil t=0) oder wie ist das zu verstehen?

Wir reden darüber?
https://de.wikipedia.org/wiki/Hyperbolische_Geometrie
https://de.wikipedia.org/wiki/Hyperbolischer_Raum
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 27. Jun 2024 22:24    Titel: Antworten mit Zitat

antaris hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

Ja, das ist in hyperbolischen Raumzeiten richtig. Es ist eine 3-dimensionale (Hyper-)Fläche, zu der es ein Lorentz Koordinatensystem gibt, wo diese Fläche die Koordinaten t=0 hat.


Ist die (unsere reale) Raumzeit hyperbolisch?

Ja. Alle Raumzeiten, in denen man vernünftig allgemeine Relativitätstheorie machen kann, sind global hüperbolisch.
antaris hat Folgendes geschrieben:

In welchem Bezug steht das zur Realität oder ist es rein abstrakt anzusehen? Sind die benachbarten Flächen raumartig getrennt (weil t=0) oder wie ist das zu verstehen?

Nein. Die Punkte auf jeder Cauchyfläche sind raumartig getrennt, benachbarte Flächen t=const unterscheiden sich infinitesimal in der Zeitkoordinate.
antaris hat Folgendes geschrieben:

Wir reden darüber?

Pseudo-riemannsche_Mannigfaltigkeit auf Wikipedia.
antaris



Anmeldungsdatum: 12.12.2022
Beiträge: 692
Wohnort: In einem chaotischen Universum

Beitrag antaris Verfasst am: 27. Jun 2024 22:57    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

Nein. Die Punkte auf jeder Cauchyfläche sind raumartig getrennt, benachbarte Flächen t=const unterscheiden sich infinitesimal in der Zeitkoordinate.


Also ist die Cauchy-Hyperfläche die "Gesamtheit" aus Vergangenheit und der Gegenwart? Der Übergang von einer gegenwärtigen zur nächsten zukünftigen Fläche entspricht der zeitlichen Entwicklung?
Jolo12
Gast





Beitrag Jolo12 Verfasst am: 27. Jun 2024 23:10    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo, ich würde gerne mal eine etwas merkwürdig klingende Frage einschieben.
Und zwar habe ich versucht, mich etwas in die Themen zur Ti einzulesen.

Folgendes: Wenn ich quasi das gesamte Universum mit einer Wellenfunktion beschreiben kann (als einziges abgeschlossenes System), könnten dann Superpositionen so etwas wie "Paralleluniversen" bedeuten? Oder verstehe ich da etwas falsch? Also bei der Anwendung auf das ganze Universum als abgeschlossenes System?

Und generell, was kann man sonst noch aus der Wellengleichung über die Entwicklung des Universum erfahren?
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 28. Jun 2024 08:12    Titel: Antworten mit Zitat

antaris hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

Nein. Die Punkte auf jeder Cauchyfläche sind raumartig getrennt, benachbarte Flächen t=const unterscheiden sich infinitesimal in der Zeitkoordinate.


Also ist die Cauchy-Hyperfläche die "Gesamtheit" aus Vergangenheit und der Gegenwart? Der Übergang von einer gegenwärtigen zur nächsten zukünftigen Fläche entspricht der zeitlichen Entwicklung?

Nein. Die Vegangenheit eines Objekts ist dessen Vergangenheitskegel. Seine Gegenwart ist das, was im nächsten Moment Vergangenheit wird, also der Rand des Vergangenheitskegels, der rückwärtige Lichtkegel.

Ein Punktobjekt ist durch einen Weltlinie x(s) in der Raumzeit charakterisiert, parameterisiert durch die Eigenzeit s. Wir betrachten ein fixes s, das 'Hier und Jetzt' des Punktobjekts, und lassen das Argument s daher weg. Im flachen Minkowskiraum, der für ein Labor ein ziemlich perfektes Modell der Raumzeit ist, ist x=(x_0,\x) mit x_0=ct (t die abstrakte Zeitkoordinate, c die Lichtgeschwindigkeit) und \x (= fett x = der zugehörige Raumpunkt) in R^3. Der Vergangenheitskegel besteht aus den (z_0,\z) mit z_0-x_0+|\z-\x|<0, der rückwärtige Lichtkegel (also das, was ich Gegenwart nannte) aus den (z_0,\z) mit z_0-x_0+|\z-\x|=0.

Die Koordinaten bedeuten selbst physikalisch nichts, sie können von einem Beobaachter willkürlich gewählt werden, Physikalisch bedeutsam ist nur das, was invariant unter echten Poincare-Transformationen (Kombination aus Translationen und echten Lorentztransformationen, die die kausale Richtung erhalten) ist. Das ist ein 4-dimensionales Analogon der uns vertrauten Perspektive, wo wir scheinbare Grösse, Winkel, etc. und wahre Grösse, Winkel, etc.unterscheiden müssen.

Die Cauchyflächen sind die Koordinatenflächen t=const, Die Cauchyfläche t=x_0/c berührt also den Gegenwartskegel genau in einem Punkt, dem Hier und Jetzt. Eine Cauchyfläche t=z_0/c schneidet den Vergangenheitskegel in einer räumlichen Kugel, wenn z_0<x_0, und überhaupt nicht, wenn z_0>x_0. (Physiker verwenden oft Einheiten, wo c=1 ist, um die lästigen Faktoren c loszuwerden; dann sieht alles formal einfacher aus.)

Die Cauchyflächen sind nicht invariant unter Lorentz-Transformationen, bedeuten also physikalisch nichts. Aber mathematisch sind sie sehr wichtig, denn die Dynamik in einem hyperbolischen System legt durch Anfangswerte auf der Schnittkugel mit einem Vergangenheitskegel die Werte auf dem gesamten Vergangenheitskegel zwischen der Schnittkugel und seiner Spitze, dem Hier und Jetzt, fest.

Im gekrümmten Raum ist die Situation ähnlich, aber formal komplizierter, weil die Koordinatensysteme nichtlinear sein können, die Kegel daher krummlinig, und statt Lorentztransformationen beliebige Diffeomorphismen, die die kausale Richtung erhalten, erlaubt sind.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 28. Jun 2024 08:22    Titel: Antworten mit Zitat

Jolo12 hat Folgendes geschrieben:
Hallo, ich würde gerne mal eine etwas merkwürdig klingende Frage einschieben.
Und zwar habe ich versucht, mich etwas in die Themen zur Ti einzulesen.

Folgendes: Wenn ich quasi das gesamte Universum mit einer Wellenfunktion beschreiben kann (als einziges abgeschlossenes System), könnten dann Superpositionen so etwas wie "Paralleluniversen" bedeuten?

Nein. Eine Wellenfunktion des Universums ist etwas extrem unanschauliches, es ordnet jedem x-beliebigen Feld in der Raumzeit eine komplexe Zahl zu. Anschaulich sind nur die Quantenwerte von physikalisch interessanten Operatoren.

Superpositionen (einfach ein anderes Wort für komplexe Linearkombination) sind völlig bedeutungslos, wenn man nicht angibt, Superpositionen von was.
Jolo12 hat Folgendes geschrieben:

Und generell, was kann man sonst noch aus der Wellengleichung über die Entwicklung des Universum erfahren?

In dieser Generalität praktisch nichts von physikalischem Interesse. Formal aber alles, nämlich alle Quantenwerte aller denkbaren Operatoren. Um etwas zu erfahren, muss man also zuerst hineinstecken, worüber man etwas erfahren will (also die entsprechenden Operatoren und ihre Eigenschaften festlegen), dann ein daz passendes Modell der Dynamik wählen und schliesslich (approximativ) ausrechnen, was man daraus schliessen kann.
antaris



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Beitrag antaris Verfasst am: 28. Jun 2024 09:21    Titel: Antworten mit Zitat

@A.Neumaier

Danke für die Erläuterungen.
Mein Hirn muss das erst noch verarbeiten.
antaris



Anmeldungsdatum: 12.12.2022
Beiträge: 692
Wohnort: In einem chaotischen Universum

Beitrag antaris Verfasst am: 28. Jun 2024 23:18    Titel: Antworten mit Zitat

Eine Fragestellung hätte ich noch, etwas abseits der TI, im Bezug zur dunklen Materie.

Wenn das Universum als Ganzes ein abgeschlossenes System ist, so muss die gesamte dunkle Materie darin enthalten sein. Inwieweit ist es denkbar, dass dunkle Materie emergent aus den kleineren Skalen der Materie hervorgeht, sodass zusätzliche oder angepasste Naturgesetze in den ganz großen Skalen beachtet werden müssen?

Warum ändert sich die Struktur des Universums von elleptischen Bahnen um Massepunkte, hin zu einem filamentierten fließenden Strömen aus immer größer werdenden Galaxienhaufen, wenn die Gravitation in allen Größenordnungen gleich wirkt?

Ich meine das die Distanzen zwischen den Galaxien für uns extrem erscheinen aber im Maßstab des gesamten Universums sind keine Galaxienhaufen oder gar einzelne Galaxien auflösbar, sie erscheinen wie zusammenhängende Massen.
Wenn wir Quantenobjekte als Einteilchenobjekte untersuchen, so sind die Gesetzmäßigkeiten auch vollkommen anders, als bei komplizierten Vielteilchenobjekten makroskopischer Größe.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 29. Jun 2024 07:17    Titel: Antworten mit Zitat

antaris hat Folgendes geschrieben:
Eine Fragestellung hätte ich noch, etwas abseits der TI, im Bezug zur dunklen Materie.

Wenn das Universum als Ganzes ein abgeschlossenes System ist, so muss die gesamte dunkle Materie darin enthalten sein. Inwieweit ist es denkbar, dass dunkle Materie emergent aus den kleineren Skalen der Materie hervorgeht, sodass zusätzliche oder angepasste Naturgesetze in den ganz großen Skalen beachtet werden müssen?

Über dunkle Materie weiss ich nicht mehr als was man aus der Zeitung kennt.
antaris hat Folgendes geschrieben:

Warum ändert sich die Struktur des Universums von elleptischen Bahnen um Massepunkte, hin zu einem filamentierten fließenden Strömen aus immer größer werdenden Galaxienhaufen, wenn die Gravitation in allen Größenordnungen gleich wirkt?

Ich meine dass die Distanzen zwischen den Galaxien für uns extrem erscheinen aber im Maßstab des gesamten Universums sind keine Galaxienhaufen oder gar einzelne Galaxien auflösbar, sie erscheinen wie zusammenhängende Massen.
Wenn wir Quantenobjekte als Einteilchenobjekte untersuchen, so sind die Gesetzmäßigkeiten auch vollkommen anders, als bei komplizierten Vielteilchenobjekten makroskopischer Größe.

Ich kenne mich in der Kosmologie nicht besonders gut aus. Aber grob gesagt (wenn ich mich nicht irre) werden dort Galaxienhaufen als Punktteilchen angesehen und das Universum als thermisches Gas, das aus diesen Punktteilchen gebildet wird. In Analogie zu Wasserdampf also Galaxienhaufen statt Wassermolekülen. Da die Galaxienhaufen weit entfernt voneinander und Kollisionen selten sind, ist das eine gute klassische Approximation. Ausser in der ersten Zeit kurz nach dem Urknall, vor der Inflation.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 29. Jun 2024 07:21    Titel: Antworten mit Zitat

antaris hat Folgendes geschrieben:
wenn die Gravitation in allen Größenordnungen gleich wirkt?

Das ist ja gar nicht der Fall. Die Gravitationskräfte nehmen invers quadratisch mit dem Abstand ab!
antaris



Anmeldungsdatum: 12.12.2022
Beiträge: 692
Wohnort: In einem chaotischen Universum

Beitrag antaris Verfasst am: 29. Jun 2024 09:19    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
antaris hat Folgendes geschrieben:
wenn die Gravitation in allen Größenordnungen gleich wirkt?

Das ist ja gar nicht der Fall. Die Gravitationskräfte nehmen invers quadratisch mit dem Abstand ab!


Ja natürlich, sorry für die unklare Frage.

Zitat:
Aber grob gesagt (wenn ich mich nicht irre) werden dort Galaxienhaufen als Punktteilchen angesehen und das Universum als thermisches Gas, das aus diesen Punktteilchen gebildet wird. In Analogie zu Wasserdampf also Galaxienhaufen statt Wassermolekülen. Da die Galaxienhaufen weit entfernt voneinander und Kollisionen selten sind, ist das eine gute klassische Approximation.


So ungefähr hatte ich mir das auch vorgestellt.
Mein Gedanke dazu ist, dass zusätzliche Bindungsenergien zwischen diesem großräumigen "Galaxiengas" auftreten, die aus unserer Sicht nicht direkt messbar sind und somit als DM angesehen werden.

Zitat:
Ausser in der ersten Zeit kurz nach dem Urknall, vor der Inflation.

Richtig aber das liegt dann ja auch in den kleinsten Skalen.


...weiter will ich hier gar nicht abschweifen
Ostseefan
Gast





Beitrag Ostseefan Verfasst am: 01. Jul 2024 07:27    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Das hat eigentlich nichts mit der TI oder Quantenmechanik zu tun, sondern nur mit (klassischer) relativistischer Dynamik. Da sind Vorhersagen der Zukunft aus Daten der Vergangenheit zwangsläufig approximativ (also nicht unmöglich, aber unsicher und/oder Zufall-behaftet).

Trotz deterministischer Gleichungen und eines wohlgestellten hyperbolischen Anfangswertproblems! Denn die nötigen Anfangsdaten kann ein physikalischer Beobchter nicht gesammelt haben, bevor sein Vergangenheitskegel alle vorherzusagenden Beobachtungspunkte enthält.

In der theoretischen Relativitätstheorie macht man daher (deterministische oder stochastische) Annahmen über die fehlende Information. Dann hat man ein Modell, in der der Theoretiker in der Rolle Gottes ist, nämlich mehr kennt als ein physikalischer Beobachter kennen kann. Daher kann er Vorhersagen machen. Deren Qualität ist aber nur so gut wie die hineingesteckten Annahmen korrekt sind.

In der Praxis berücksichtigt man, dass ein Modell nicht vollständig korrekt sein wird, indem man durch Störungsrechnungen den Einfluss der gemachten Annahmen abschätzt und nur das behauptet, was robust genug unter Störungen ist. Der tägliche Wetterbericht ist ein Beispiel dafür.


Hallo, ich würde hier gerne ganz kurz eine Frage dazu stellen:

Gehe ich richtig in der Annahme aus, dass keine exakte Vorhersage von der Gegenwart in die Zukunft möglich ist, da ich in der Gegenwart nie alle Daten aus der Vergangenheit sammeln kann, da diese nur mit Lichtgeschwindigkeit und nicht instantan übertragen werden?

Sprich, sobald ich alle Daten (hypothetisch) hätte, wären diese schon nicht mehr aktuell, da es ja Vergangenheitsdaten sind?

Ganz abgesehen davon, dass ich als einzelner Beobachter alle Daten sammeln kann....
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 01. Jul 2024 11:25    Titel: Antworten mit Zitat

Ostseefan hat Folgendes geschrieben:

Gehe ich richtig in der Annahme aus, dass keine exakte Vorhersage von der Gegenwart in die Zukunft möglich ist, da ich in der Gegenwart nie alle Daten aus der Vergangenheit sammeln kann, da diese nur mit Lichtgeschwindigkeit und nicht instantan übertragen werden?

Nicht ganz; alle Daten aus der Vergangenheit reichen auch nicht, selbst wenn man sie hätte. Man braucht alle Daten auf einem Stück Cauchyfläche durch die Gegenwart, und die bekommt man erst in der Zukunft.
Ostseefan hat Folgendes geschrieben:

Sprich, sobald ich alle Daten (hypothetisch) hätte, wären diese schon nicht mehr aktuell, da es ja Vergangenheitsdaten sind?

Ja.

Das beeinträchtigt natürlich nur die exakte Vorhersage. In der Praxis benutzt man eben approximativ validierte Modelle und erhält daraus approximative Vorhersagen, die je nach ihrer Robustheit unter Störungen mehr oder weniger genau sind.

Ausserem kann man im Prinzip immer nachprüfen, wie gut die Modelle taugen, weil man dazu ja sowieso die Messergebnisse braucht, also diese Analyse erst in der Zukunft machen kann. Das ist auch das übliche physikalische Vorgehen!
Ostseefan
Gast





Beitrag Ostseefan Verfasst am: 01. Jul 2024 16:02    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Nicht ganz; alle Daten aus der Vergangenheit reichen auch nicht, selbst wenn man sie hätte. Man braucht alle Daten auf einem Stück Cauchyfläche durch die Gegenwart, und die bekommt man erst in der Zukunft.


Also erhält man die Daten der Gegenwart erst in der Zukunft, da die Informationen nur mit Lichtgeschwindigkeit übertragen werden können, richtig?
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 01. Jul 2024 17:49    Titel: Antworten mit Zitat

Ostseefan hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Nicht ganz; alle Daten aus der Vergangenheit reichen auch nicht, selbst wenn man sie hätte. Man braucht alle Daten auf einem Stück Cauchyfläche durch die Gegenwart, und die bekommt man erst in der Zukunft.


Also erhält man die Daten der Gegenwart erst in der Zukunft, da die Informationen nur mit Lichtgeschwindigkeit übertragen werden können, richtig?


Das hängt davon ab, was man Gegenwart nennt.

Traditionell bezieht man sich dabei auf die kosmische Zeit, das ist eine 3-dimensionale Cauchyfläche, die das Hier und Jetzt enthält. Zur Vorhersage der Zukunft des Hier und Jetzt braucht man die Daten auf einem Teil dieser Cauchyfläche, um so mehr, je weiter man in die Zukunft will. Diese Daten sind aber erst verfügbar, wenn diese Zukunft schon eingetroffen ist.

Diese Sicht ist nicht Lorentzinvariant und damit im Grunde unphysikalisch. Vielleicht gibt es diesen Teil des 4-dimensionalen Universums noch gar nicht, weil er erst unter Konstruktion ist - wir würden das nie herausfinden können.

Ich nenne daher Gegenwart das, was im nächsten Moment in unserem Vergangenheitskegel liegt. Das ist wohldefiniert und muss existieren. Die Sterne sehen wir jetzt in unserer Gegenwart, obwohl was wir sehen in der kosmischen Zeit schon längst vorbei ist. Dann sind alle Daten in unsrer Gegenwart und Vergangenheit uns im Prinzip jetzt verfügbar (auch wenn wir als beschränkte Wesen nicht alles sammeln können). Aber diese Daten reichen zur Vorhersage der Zukunft nicht aus.

Egal wie man es betrachtet, wir haben die zur exakten Vorhersage nötigen Daten prinzipiell nie, bevor die Ereignisse, die wir vorhersagen wollen, eingetroffen sind.
Ostseefan
Gast





Beitrag Ostseefan Verfasst am: 01. Jul 2024 17:53    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Ich nenne daher Gegenwart das, was im nächsten Moment in unserem Vergangenheitskegel liegt. Das ist wohldefiniert und muss existieren. Die Sterne sehen wir jetzt in unserer Gegenwart, obwohl was wir sehen in der kosmischen Zeit schon längst vorbei ist. Dann sind alle Daten in unsrer Gegenwart und Vergangenheit uns im Prinzip jetzt verfügbar (auch wenn wir als beschränkte Wesen nicht alles sammeln können). Aber diese Daten reichen zur Vorhersage der Zukunft nicht aus.


Diese Daten reichen daher nicht aus, da sie auch noch von Ereignissen beeinflusst werden, die nicht in unserem Vergangenheitskegel liegen?
antaris



Anmeldungsdatum: 12.12.2022
Beiträge: 692
Wohnort: In einem chaotischen Universum

Beitrag antaris Verfasst am: 01. Jul 2024 18:14    Titel: Antworten mit Zitat

Ostseefan hat Folgendes geschrieben:
Diese Daten reichen daher nicht aus, da sie auch noch von Ereignissen beeinflusst werden, die nicht in unserem Vergangenheitskegel liegen?


Man kann es so sehen, weil

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Egal wie man es betrachtet, wir haben die zur exakten Vorhersage nötigen Daten prinzipiell nie, bevor die Ereignisse, die wir vorhersagen wollen, eingetroffen sind.


und "der Mechanismus Natur" so funktioniert, dass Aufgrund des, uns verborgenen, großen Ganzen die Zukunft "genau so eintrifft und nicht anders".
Erst wenn das Ereignis eingetreten ist, können im Prinzip alle Informationen im Vergangenheitskegel des Ereignis gesammelt werden, die eben zu genau diesem Ereignis geführt haben.

Frei nach dem Motto: "Hinterher ist man immer schlauer!"

Würden alle Informationen Instantan vorliegen, so wäre das wohl "der ewigen Gegenwart" gleichzusetzen?
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 01. Jul 2024 21:01    Titel: Antworten mit Zitat

Ostseefan hat Folgendes geschrieben:

Diese Daten reichen daher nicht aus, da sie auch noch von Ereignissen beeinflusst werden, die nicht in unserem Vergangenheitskegel liegen?

Nich 'sie', sondern 'die Zukunft'.
antaris hat Folgendes geschrieben:
Würden alle Informationen Instantan vorliegen, so wäre das wohl "der ewigen Gegenwart" gleichzusetzen?

Nein. Das ist genau das, was man bei nichtrelativistischen Theorien hat, wenn das Informationssammeln mit unendlicher Geschwindigkeit passiert.
antaris



Anmeldungsdatum: 12.12.2022
Beiträge: 692
Wohnort: In einem chaotischen Universum

Beitrag antaris Verfasst am: 01. Jul 2024 21:47    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Ostseefan hat Folgendes geschrieben:

Diese Daten reichen daher nicht aus, da sie auch noch von Ereignissen beeinflusst werden, die nicht in unserem Vergangenheitskegel liegen?

Nich 'sie', sondern 'die Zukunft'.


Das geht soweit, dass sich in der QM die Quantenobjekte unitär entwickeln und diese sich solange exakt voraussagen lassen, bis im letzten Moment vor dem vorausgesagten Zustand die Messung selbst "die Zukunft" (die weitere unitäre Entwicklung des Quantenobjekt) stört bzw. verändert?

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
antaris hat Folgendes geschrieben:
Würden alle Informationen Instantan vorliegen, so wäre das wohl "der ewigen Gegenwart" gleichzusetzen?

Nein. Das ist genau das, was man bei nichtrelativistischen Theorien hat, wenn das Informationssammeln mit unendlicher Geschwindigkeit passiert.


Es würde wohl keinen Unterschied machen, ob wir das Sonnenlicht instantan oder erst nach 8 Minuten auf unserer Haut spüren. Ich kann mir aber kaum vorstellen, wie es wäre das gesamte Universum instantan (sozusagen live) zu beobachten. Das "nicht-relativistisch" ist aus unserer Sicht nur eine Illusion, da in unserem angestammten Lebensumfeld relativistische Effekte vernachlässigbar klein aber dennoch vorhanden sind.

Die gravitative Zeitdilatation wurde z.B. bei einem Unterschied von 1 mm Erdradius nachgewiesen.

https://www.nature.com/articles/s41586-021-04349-7
https://www.scinexx.de/news/technik/einsteins-zeitdehnung-im-millimeter-massstab/
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 02. Jul 2024 08:43    Titel: Antworten mit Zitat

antaris hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Ostseefan hat Folgendes geschrieben:

Diese Daten reichen daher nicht aus, da sie auch noch von Ereignissen beeinflusst werden, die nicht in unserem Vergangenheitskegel liegen?

Nich 'sie', sondern 'die Zukunft'.


Das geht soweit, dass sich in der QM die Quantenobjekte unitär entwickeln und diese sich solange exakt voraussagen lassen, bis im letzten Moment vor dem vorausgesagten Zustand die Messung selbst "die Zukunft" (die weitere unitäre Entwicklung des Quantenobjekt) stört bzw. verändert?


Meine Argumente gelten nur für relativistische Theorien. In der relativistischen Quantenfeldtheorie gilt die unitäre Dynamik nur für die kosmische Zeit, von der wir jetzt nur das Hier und Jetzt kennen. Wenn man nur die verfügbare Information zugrundelegt, hat man daher immer eine approximative Dynamik für reduzierte Dichtematrizen.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 02. Jul 2024 08:46    Titel: Antworten mit Zitat

antaris hat Folgendes geschrieben:

ch kann mir aber kaum vorstellen, wie es wäre das gesamte Universum instantan (sozusagen live) zu beobachten.

Es sähe ungefähr so aus wie der Himmel jetzt, nur dass das Licht one Zeitverzögerung ankäme, und die Sterne und Galaxien daher etwas andere Positionen hätten. Genau so, wie man es sich vor Einstein gedacht hatte....
Ostseefan
Gast





Beitrag Ostseefan Verfasst am: 02. Jul 2024 13:28    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Traditionell bezieht man sich dabei auf die kosmische Zeit, das ist eine 3-dimensionale Cauchyfläche, die das Hier und Jetzt enthält. Zur Vorhersage der Zukunft des Hier und Jetzt braucht man die Daten auf einem Teil dieser Cauchyfläche, um so mehr, je weiter man in die Zukunft will. Diese Daten sind aber erst verfügbar, wenn diese Zukunft schon eingetroffen ist.


Warum sind diese erst verfügbar, wenn die Zukunft schon eingetroffen ist (wenn die Daten sich doch auf das hier und Jetzt beziehen)?

Zitat:
Diese Sicht ist nicht Lorentzinvariant und damit im Grunde unphysikalisch. Vielleicht gibt es diesen Teil des 4-dimensionalen Universums noch gar nicht, weil er erst unter Konstruktion ist - wir würden das nie herausfinden können.

Gibt es wirklich Modelle, bei denen Teile des Universums noch nicht existieren und erst "konstruiert" werden, oder ist das spekulativ?
antaris



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Beitrag antaris Verfasst am: 02. Jul 2024 14:23    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
antaris hat Folgendes geschrieben:

ch kann mir aber kaum vorstellen, wie es wäre das gesamte Universum instantan (sozusagen live) zu beobachten.

Es sähe ungefähr so aus wie der Himmel jetzt, nur dass das Licht one Zeitverzögerung ankäme, und die Sterne und Galaxien daher etwas andere Positionen hätten. Genau so, wie man es sich vor Einstein gedacht hatte....


Ja schon aber was ist mit dem CMB usw.? Wir würden nicht in die Vergangenheit schauen, sondern stets ein aktuelles Bild des Universums beobachten.
Vielleicht denke ich aber auch nur zuviel hinein.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 02. Jul 2024 14:28    Titel: Antworten mit Zitat

Ostseefan hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Traditionell bezieht man sich dabei auf die kosmische Zeit, das ist eine 3-dimensionale Cauchyfläche, die das Hier und Jetzt enthält. Zur Vorhersage der Zukunft des Hier und Jetzt braucht man die Daten auf einem Teil dieser Cauchyfläche, um so mehr, je weiter man in die Zukunft will. Diese Daten sind aber erst verfügbar, wenn diese Zukunft schon eingetroffen ist.


Warum sind diese erst verfügbar, wenn die Zukunft schon eingetroffen ist (wenn die Daten sich doch auf das hier und Jetzt beziehen)?

Die Daten beziehen sich ja in der kosmischen Zeit auf das Jetzt anderswo, und von dort kommen sie nur mit Lichtgeschwindigkeit zum Hier!
Ostseefan hat Folgendes geschrieben:
[
Zitat:
Diese Sicht ist nicht Lorentzinvariant und damit im Grunde unphysikalisch. Vielleicht gibt es diesen Teil des 4-dimensionalen Universums noch gar nicht, weil er erst unter Konstruktion ist - wir würden das nie herausfinden können.

Gibt es wirklich Modelle, bei denen Teile des Universums noch nicht existieren und erst "konstruiert" werden, oder ist das spekulativ?

Die Möglichkeit folgt direkt aus den Modellen, die wir schon haben. Man braucht natürlich zusätzlich einen Konstruktionsmechanismus, der im Lauf der Zeit mehr zum Universum dazutut. Aber das sit konsistent mit allem, was wir beobachten.

Nehmen wir z.B. ein 4-dimensionales Robertson-Walker-Universum und nehmen alles davon weg, was unsere Zivilisation in den nächsten hundert Jahren nicht beobachten können. In diesem modifizierten Modell gilt natürlich immer noch alles, was wir an Physik kennen, wenigstens noch hundert Jahre lang.

Der Programmierer unseres Universums kann sich also Zeit lassen, er muss nur den Agenten in seinem Spiel immer ein bisschen voraus sein....

Die entgegengesetzte Vorstellung, dass alles schon da ist, nennt man das Blockuniversum; nachzulesen z.B. bei Wikipedia.
antaris



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Beitrag antaris Verfasst am: 02. Jul 2024 14:37    Titel: Antworten mit Zitat

Ostseefan hat Folgendes geschrieben:

Warum sind diese erst verfügbar, wenn die Zukunft schon eingetroffen ist (wenn die Daten sich doch auf das hier und Jetzt beziehen)?


Du könntest dir das mit alltäglichen erklären. Wie oft hat man einen Plan geschmiedet (quasi Voraussage heute Abend habe ich dies und jenes fertig) und ist felsenfest überzeugt das alles gut geht...dann kam es aber doch anders als gedacht.

Wiki:
Murphys Gesetz: ist ein Aphorismus über menschliches Versagen bzw. Fehlerquellen in komplexen Systemen.



Wir können nicht alle Dinge erfassen, die für ein zukünftiges Ereignis relevant sind.

Beispiel: 2 gleichzeitige (raumartig getrennte) Ereignisse können sich nicht kausal beeinflussen, da keines der beiden Ereignisse im Zukunftslichtkegel des anderen liegt. Ein stationärer Beobachter bei Ereignis A erfährt also frühestens von Ereignis B, wenn sich beide Zukunftslichtkegel von A und B kreuzen aber dann ist eben das eventuell vorauszusagende (zukünftige) Ereignis bei A schon eingetreten und durch das vergangene Ereignis B "verfälscht" worden.


Zuletzt bearbeitet von antaris am 02. Jul 2024 14:41, insgesamt einmal bearbeitet
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 02. Jul 2024 14:41    Titel: Antworten mit Zitat

antaris hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
antaris hat Folgendes geschrieben:

Ich kann mir aber kaum vorstellen, wie es wäre das gesamte Universum instantan (sozusagen live) zu beobachten.

Es sähe ungefähr so aus wie der Himmel jetzt, nur dass das Licht one Zeitverzögerung ankäme, und die Sterne und Galaxien daher etwas andere Positionen hätten. Genau so, wie man es sich vor Einstein gedacht hatte....


Ja schon aber was ist mit dem CMB usw.?

Die wäre natürlich nicht da.
antaris hat Folgendes geschrieben:

Wir würden nicht in die Vergangenheit schauen, sondern stets ein aktuelles Bild des Universums beobachten.

Ja, und? Vor Einstein war das das Normale....

In der Relativitätstheorie schauen wir ja auch nur in die Vergangenheit der kosmischen Zeit, aber in unsere Gegenwart.

Denn die kosmische Gegenwart ist uns immer unzugänglich, mit Ausnahme eines einzigen Punktes. Woher wollen wir dann wissen, ob sie überhaupt schon exisitert? Daher ist die kosmische Gegenwart rein fiktiv, und nur die Gegenwart im Sinn von unserem Rückwärtslichtkegel physikalisch real. Also die CMB und die jungen Galaxien in riesiger Entfernung.
antaris



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Beitrag antaris Verfasst am: 02. Jul 2024 14:45    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

Denn die kosmische Gegenwart ist uns immer unzugänglich, mit Ausnahme eines einzigen Punktes. Woher wollen wir dann wissen, ob sie überhaupt schon exisitert? Daher ist die kosmische Gegenwart rein fiktiv, und nur die Gegenwart im Sinn von unserem Rückwärtslichtkegel physikalisch real. Also die CMB und die jungen Galaxien in riesiger Entfernung.


Ja so habe ich es auch verstanden. Die kosmische Gegenwart ist raumartig getrennt und wir können von der Gegenwart in weiter Ferne nur grobe Abschätzungen annehmen. Da Informationen sich nur mit maximal c und nicht instantan übertragen, ist das ja eh quatsch über ein "wie wäre es wenn..." zu diskutieren...müssen wir nicht weiter drauf eingehen.
Ostseefan
Gast





Beitrag Ostseefan Verfasst am: 02. Jul 2024 15:03    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Die Möglichkeit folgt direkt aus den Modellen, die wir schon haben. Man braucht natürlich zusätzlich einen Konstruktionsmechanismus, der im Lauf der Zeit mehr zum Universum dazutut. Aber das sit konsistent mit allem, was wir beobachten.

Was soll dann zum Universum dazu getan werden? Materie, neue Raumzeitbereiche?
Also konform mit der beobachteten Expansion?

Code:
Nehmen wir z.B. ein 4-dimensionales Robertson-Walker-Universum und nehmen alles davon weg, was unsere Zivilisation in den nächsten hundert Jahren nicht beobachten können. In diesem modifizierten Modell gilt natürlich immer noch alles, was wir an Physik kennen, wenigstens noch hundert Jahre lang.[quote]
Heißt das, dass sich in hundert Jahren auf einmal die Naturgesetze verändert oder wie ist das zu verstehen?[/quote]
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 02. Jul 2024 16:53    Titel: Antworten mit Zitat

Ostseefan hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Die Möglichkeit folgt direkt aus den Modellen, die wir schon haben. Man braucht natürlich zusätzlich einen Konstruktionsmechanismus, der im Lauf der Zeit mehr zum Universum dazutut. Aber das sit konsistent mit allem, was wir beobachten.

Was soll dann zum Universum dazu getan werden? Materie, neue Raumzeitbereiche?
Also konform mit der beobachteten Expansion?

Neue Raumzeitbereiche, mit allem, was dazugehört, damit wir ein konsistentes Universum erleben. Inklusive Supernovas usw.. Wie wenn eine lange Strasse gebaut wird, die sukzessive verlängert wird.
Ostseefan hat Folgendes geschrieben:



Code:
Nehmen wir z.B. ein 4-dimensionales Robertson-Walker-Universum und nehmen alles davon weg, was unsere Zivilisation in den nächsten hundert Jahren nicht beobachten können. In diesem modifizierten Modell gilt natürlich immer noch alles, was wir an Physik kennen, wenigstens noch hundert Jahre lang.[quote]
Heißt das, dass sich in hundert Jahren auf einmal die Naturgesetze verändert oder wie ist das zu verstehen?[/quote]

Nein, sondern dass innerhalb der nächsten Hundert Jahre der Programmierer des Universums weitere Jahre dazubauen muss, wenn unser Universum weiter funktionieren soll.

Seit Laplace ist der Programmierer allerdings nicht mehr Teil der Physik, und seit Monod ist an seine Stelle in der Physik der Zufall getreten, der die Innovationen verursacht. Aber das ist alles Philosophie, Metaphysik, und eigentlich hier nicht das Thema.
Ostseefan
Gast





Beitrag Ostseefan Verfasst am: 02. Jul 2024 18:31    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Nein, sondern dass innerhalb der nächsten Hundert Jahre der Programmierer des Universums weitere Jahre dazubauen muss, wenn unser Universum weiter funktionieren soll.

Seit Laplace ist der Programmierer allerdings nicht mehr Teil der Physik, und seit Monod ist an seine Stelle in der Physik der Zufall getreten, der die Innovationen verursacht. Aber das ist alles Philosophie, Metaphysik, und eigentlich hier nicht das Thema.


Ah, dann ist ja gut! Das Universum wird so gesehen immer weiter erweitert, was sich mir der beobachteten Expansion deckt.

Eine unphysikalische Frage noch zu diesem Thema: der Programmierer darf kein Teil der Physik sein, da eine Berechnung ja sonst extrem viel Zeit (mehr, als das Universum alt ist) benötigen würde?
Und der Zufall wäre dann nur aus unserer Sichtweise zufällig, aus globaler Programmierersicht aber determiniert?
antaris



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Beitrag antaris Verfasst am: 02. Jul 2024 18:54    Titel: Antworten mit Zitat

Ostseefan hat Folgendes geschrieben:
Eine unphysikalische Frage


vollkommen physikalisch beantwortet:

https://www.physikerboard.de/ptopic,399535.html#399535
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Die Papers von 2019 habe ich durch die Publikation meines Buchs Coherent Quantum Physics aktualisiert. Dort findet man alles, was in den Papers I-V steht, in überarbeiteter Form und in einem allgemeineren Kontext. Insbesondere definiert es, was die Thermische Interprtation (TI) genau beinhaltet.

Die TI als Theorie des gesamten Universums ist deterministisch, relativistisch, kausal und nichtlokal. Der Determinismus ergibt sich aus der Ehrenfestdynamik, und die Nichtlokalität aus der Existenz nichtlokaler Grössen, die in die Dynamik der lokalen Grössen einfliesst.

Determinismus bedeutet allerdings nicht, dass die Vergangenheit die Zukunft determiniert, weil das bei deterministischen relativistischen Systemen allgemein (ob klassisch oder nicht) nicht der Fall ist.

Der Zeitpfeil ist im Buch nicht explizit diskutiert, liegt aber der Kausalität und der approximativen Dynamik von Objekten im lokalen Gleichgewicht zugrunde, was die makroskopischen Objekte auszeichnet. Er ist wie letztere eine empirische Grundtatsache.

Abgeschlossene Systeme kennen kein Chaos; das entsteht (klassisch und quantenmechanisch) erst durch eine reduzierte approximative nichtlineare Beschreibung eines Teilsystems von Interesse.

Das 2024 aktualisierte Paper über Quantentomographie geht über die TI (nur) in dem Sinn hinaus, dass alles, was im Buch noch postuliert werden musste, nun aus dem DRP hergeleitet wird. Damit hat die TI eine viel stärkere empirische Basis.

Auch dieses Paper wird durch die Publikation eines Buchs (Algebraic Quantum Physics I) abgelöst, das im Oktober oder November bei de Gruyter erscheinen soll. Nur die vielen historisch-philosophischen Zitate habe ich nicht ins Buch übernommen.



Ich denke es sollte, im Interesse der professionellen Physikergemeinde, die Diskussion auf eine minimalistische (nur notwendige, physikalisch vertretbare) ontische Beschreibung beschränkt bleiben.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 02. Jul 2024 20:59    Titel: Antworten mit Zitat

Ostseefan hat Folgendes geschrieben:
der Programmierer darf kein Teil der Physik sein, da eine Berechnung ja sonst extrem viel Zeit (mehr, als das Universum alt ist) benötigen würde?
Und der Zufall wäre dann nur aus unserer Sichtweise zufällig, aus globaler Programmierersicht aber determiniert?

Ja.
Ostseefan
Gast





Beitrag Ostseefan Verfasst am: 02. Jul 2024 22:47    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Der Zeitpfeil ist im Buch nicht explizit diskutiert, liegt aber der Kausalität und der approximativen Dynamik von Objekten im lokalen Gleichgewicht zugrunde, was die makroskopischen Objekte auszeichnet. Er ist wie letztere eine empirische Grundtatsache.

Abgeschlossene Systeme kennen kein Chaos; das entsteht (klassisch und quantenmechanisch) erst durch eine reduzierte approximative nichtlineare Beschreibung eines Teilsystems von Interesse.


Jetzt nochmal zwei Fragen physikalischer Natur: welches lokale Gleichgewicht ist hier gemeint? Ich nehme mal an, daß thermische Gleichgewicht wohl kaum...

Und warum gibt es in abgeschlossenen Systemen kein Chaos? Im Universum gibt es doch auch chaotische Teilsysteme, die wiederum Bestandteil des abgeschlossenen Systemen Universum sind.
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