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Die Thermale Interpretation - Seite 3
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A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 02. Jun 2024 13:05    Titel: Antworten mit Zitat

Jakito hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:

Die TI (und daher, was sie als real betrachtet) ist nämlich invariant under beliebigen unitären Transformationen, die die betrachteten Objekte erhalten!

Diese Behauptung taucht in Ihren Papern nicht auf,

Sie ist aber trotzdem richtig.
Jakito hat Folgendes geschrieben:

Bedeutung von "invariant under beliebigen unitären Transformationen", die mir entgangen ist?

Eine unitären Transformation U transformiert eine Observable A in A'=UAU^* und einen Dichteoperator R in R'=U^* R U, lässt also (wegen den bekannten Eigenschaften der Spur) alle Quantenwerte <A>=tr RA invariant.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 03. Jun 2024 11:14    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Im übrigen meinten Sie,
TomS hat Folgendes geschrieben:

Mich würde aber ohnehin am meisten die Thermal Interpretation interessieren, die Professor Neumaier entwickelt hat. Wir haben hier viel über sie diskutiert, jedoch leider nie mit ihm. Ich würde es extrem begrüßen, wenn wir dazu konkret Fragen stellen dürften.

Aber trotz zwei Superlativen haben Sie noch keine konkrete Frage dazu gestellt …

… weil ich dazu noch nicht genug gelesen habe; ich will letztlich auf eine einzige Frage hinaus.

Bin gespannt.

Bitte erwähnen Sie dann auch die Teile meines Papers arxiv.org/pdf/2110.05294v5, denen Sie zustimmen, damit ich weiss, was ich für meine Antwort verwenden kann. Ich will hier
nicht 70 Seiten Argumentation erläutern!

Idealerweise würden Sie auf den ersten wesentlichen Punkt in meiner Gesamtargumentation hinweisen, der Ihnen nicht stichhaltig erscheint. Dann ersparen wir uns das rekursive Durchackern vom Ende bis zum Anfang....
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 03. Jun 2024 15:37    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
In der "orthodoxen" QM postuliert man üblicherweise:
1) Hilbertraum-Zustand zur Beschreibung eines Systems (oder eines Ensembles)
2) unitäre Zeitentwicklung / Schrödingergleichung mit einem Hamiltonian H
3) Regeln für die Messung, also
3.1) Observablen A, Eigenwerte => mögliche Messwerte
3.2) Bornsche Regel
3.3) von Neumannsches Projektionspostulat
Verschiedene Interpretationen weichen in den einzelnen Punkten voneinander ab.

Die TI verzichtet vollständig auf 2) und 3). Statt dessen zeigt sie, dass beides nur in speziellen Fällen gilt, und gibt damit implizit deren Gültigkeitsgrenzen an. Sie braucht natürlich dafür ein neues Axiom. Das ist das DRP. Das ist experimentell unmittelbar (an Subsystemen) überprüfbar und daher viel harmloser als 2) oder 3), die in der orthodoxen QM einfach vom Himmel fallen.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 03. Jun 2024 17:49    Titel: Antworten mit Zitat

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Die TI nimmt daher als die mathematische Definition eines Messwerts die wie angegeben bestimmte (auch wenn mangels Detailkenntnissen des Detektors nicht exakt angebbare) Funktion des Zustands des Messgeräts, die diese Zeigerposition liefert. Dieser Messwert ist offensichtlich eindeutig durch den Zustand des Messgeräts und damit durch die unitäre Dynamik des Universums deterministisch festgelegt.

Wenn man anstatt Schrödingers Katze das Zeigergerät nimmt mit der Zeigerstellung "1=>tot", wenn ein radioaktives Ereignis stattfindet, und Zeigerstellung "0=>lebendig", wenn keines stattfindet, dann würde doch nach Ihrer Interpretation der Zerfall eines Atomkerns vom Messgerät abhängen.

grübelnd

In diesem Fall nicht von den unmodellierten Details des Messgeräts, sondern von denen der radioaktiven Probe oder der Ionenfalle, in der ein einzelnes radioaktives Atom präpariert wurde. Unmodellierte details gibt es in der Regel bei der Präparation, bei der Transmission und bei der Detektion; alle tragen zum zufälligen Ergebnis bei.
antaris



Anmeldungsdatum: 12.12.2022
Beiträge: 692
Wohnort: In einem chaotischen Universum

Beitrag antaris Verfasst am: 03. Jun 2024 19:15    Titel: Antworten mit Zitat

@A.Neumaier
Eine Frage hätte ich zu Ihrer TI: Was ist das ganze Universum?
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 04. Jun 2024 11:54    Titel: Antworten mit Zitat

antaris hat Folgendes geschrieben:
@A.Neumaier
Eine Frage hätte ich zu Ihrer TI: Was ist das ganze Universum?

Aus dem andern Thread zitiert, nur das Wort 'vollkommen' habe ich hier hinzugefügt, und den Variablennamen weggelassen:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Das Universum nenne ich das kleinste vollkommen abgeschlossene System, das uns enthält. Es ist offenbar das einzige abgeschlossene System, das uns experimentell zugänglich ist.
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 04. Jun 2024 18:57    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
In der "orthodoxen" QM postuliert man üblicherweise:
1) Hilbertraum-Zustand zur Beschreibung eines Systems (oder eines Ensembles)
2) unitäre Zeitentwicklung / Schrödingergleichung mit einem Hamiltonian H
3) Regeln für die Messung, also
3.1) Observablen A, Eigenwerte => mögliche Messwerte
3.2) Bornsche Regel
3.3) von Neumannsches Projektionspostulat
Verschiedene Interpretationen weichen in den einzelnen Punkten voneinander ab.

Die TI verzichtet vollständig auf 2) und 3). Statt dessen zeigt sie, dass beides nur in speziellen Fällen gilt, und gibt damit implizit deren Gültigkeitsgrenzen an. Sie braucht natürlich dafür ein neues Axiom. Das ist das DRP. Das ist experimentell unmittelbar (an Subsystemen) überprüfbar und daher viel harmloser als 2) oder 3), die in der orthodoxen QM einfach vom Himmel fallen.


Das klingt so als benötige die TI ein spezielles Axiom für "Detektoren". Aber ist der eigentliche Ersatz für 3.1 nicht lediglich die Feststellung, dass Messwerte makroskopische Größen sind (also letztlich Funktionen von Quantenwerten des Detektors), deren Bewegungsgleichungen mit Quantenwerten des Systems gekoppelt sind (eventuell über stochastische Gleichungen)? Im Prinzip müßte man es doch unter passenden Bedingungen aus dieser Dynamik ableiten können und es hätte damit einen ähnlichen Status wie die Bornsche Regel und der Kollaps.

Ein Aspekt, der mir an der TI recht attraktiv erscheint ist der, dass ihre Aussagen über die Realität im Prinzip nicht mysteriöser sind als die der klassischen Physik. Sie hat einen Satz von deterministischen Gleichungen für "physikalische Größen" (q-Erwartungswerte), genau wie in der Mechanik oder klassischen Feldtheorie. Nur die Gleichungen sind anders und es gibt ein paar zusätzliche "nichtklassische Größen" wie . Also nichts was man nicht von einer Theorie erwarten würde, die die klassische Physik als Grenzfall enthält.

Aber sie formuliert eigentlich keine "axiomatischen" Aussagen über "Messungen" oder "Detektoren", sondern leitet sie her. Was genau ist also der Status des DRP in der TI? Benötigt sie irgendwelche Annahmen über das Verhalten von "Detektoren", die die klassische Physik nicht benötigt und die nur phänomenologisch begründet sind?
TomS
Moderator


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Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jun 2024 19:21    Titel: Antworten mit Zitat

Ich verstehe dass DRP nicht axiomatisch sondern eher so, dass es erklärt, was ein Subsystem auszeichnet, damit es ein Detektor ist.

Soetwas kann man m.E. nicht aus der Theorie alleine herleiten, man benötigt irgendwo eine Verknüpfung zwischen Theorie und experimenteller Praxis.

Ich halte das für attraktiv, denn i) die klassische Physik macht sowas an keiner Stelle, und ii) die übliche Postulate der QM liefern das ebenfalls nicht; letztere erklären, welche mathematischen Regeln im Falle einer Messung anzuwenden sind, lassen einen aber insofern im Regen stehen, als sie nicht erklären, was denn nun eine Messung eigtl. ist.
Jakito



Anmeldungsdatum: 30.05.2024
Beiträge: 66

Beitrag Jakito Verfasst am: 04. Jun 2024 19:25    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Ein Aspekt, der mir an der TI recht attraktiv erscheint ist der, dass ihre Aussagen über die Realität im Prinzip nicht mysteriöser sind als die der klassischen Physik. Sie hat einen Satz von deterministischen Gleichungen für "physikalische Größen" (q-Erwartungswerte), genau wie in der Mechanik oder klassischen Feldtheorie.

Die TI akzeptiert nicht-lokale Zustände, dass erscheint mir schon mysteriöser zu sein als die klassische Physik.
Und die deterministischen Gleichungen sind vor allem wichtig, um aufs "Einzelsystem" anwendbar zu bleiben (statt nur auf Ensembles), ohne einen "absoluten objektiven Zufall" postulieren zu müssen, der am Ende vermutlich ohnehin mathematisch nicht wohldefiniert wäre, bzw. gar nicht existieren könnte.
antaris



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Beiträge: 692
Wohnort: In einem chaotischen Universum

Beitrag antaris Verfasst am: 04. Jun 2024 19:31    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Das Universum nenne ich das kleinste vollkommen abgeschlossene System, das uns enthält. Es ist offenbar das einzige abgeschlossene System, das uns experimentell zugänglich ist.


Sie lassen durch „das kleinste“ offen, ob es noch größere abgeschlossene Systeme gibt, welche unser einziges experimentiell zugängliches System (unser sichtbares Universum, uns) als kleinste Menge enthält? Ansonsten hätten Sie „das einzigste vollkommen abgeschlossene System“ geschrieben?
Freizeitphysiker
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Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 04. Jun 2024 19:38    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich verstehe dass DRP nicht axiomatisch sondern eher so, dass es erklärt, was ein Subsystem auszeichnet, damit es ein Detektor ist.


Wieso muss ein Detektor diese Eigenschaft haben? Ich kann mir auch Detektorantworten vorstellen, die nichtlinear vom Zustand abhängen.

Zitat:

Soetwas kann man m.E. nicht aus der Theorie alleine herleiten, man benötigt irgendwo eine Verknüpfung zwischen Theorie und experimenteller Praxis.


Dafür muss man physikalisch verstehen, wie das Messgerät funktioniert, zumindest rudimentär. Dieses Verständnis kann man natürlich phänomenologisch in Form des DRP formulieren. Dagegen habe ich auch nichts einzuwenden. Aber wenn man diesen Zusammenhang nicht prinzipiell aus der Theorie herleiten kann, dann fehlt doch in der Theorie etwas.

Zitat:

Ich halte das für attraktiv, denn i) die klassische Physik macht sowas an keiner Stelle,


Sie kommt doch aber auch so zu recht, auch mit nichtlinearen Zusammenhängen zwischen Messgrößen und Phasenraumvariablen.
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 04. Jun 2024 19:42    Titel: Antworten mit Zitat

Jakito hat Folgendes geschrieben:
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Ein Aspekt, der mir an der TI recht attraktiv erscheint ist der, dass ihre Aussagen über die Realität im Prinzip nicht mysteriöser sind als die der klassischen Physik. Sie hat einen Satz von deterministischen Gleichungen für "physikalische Größen" (q-Erwartungswerte), genau wie in der Mechanik oder klassischen Feldtheorie.

Die TI akzeptiert nicht-lokale Zustände, dass erscheint mir schon mysteriöser zu sein als die klassische Physik.


Ein bißchen, aber viel weniger als in den traditionellen Interpretationen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jun 2024 19:48    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Wieso muss ein Detektor diese Eigenschaft haben? Ich kann mir auch Detektorantworten vorstellen, die nichtlinear vom Zustand abhängen.

Guter Punkt.

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Soetwas kann man m.E. nicht aus der Theorie alleine herleiten, man benötigt irgendwo eine Verknüpfung zwischen Theorie und experimenteller Praxis.


Dafür muss man physikalisch verstehen, wie das Messgerät funktioniert, zumindest rudimentär. Dieses Verständnis kann man natürlich phänomenologisch in Form des DRP formulieren. Dagegen habe ich auch nichts einzuwenden. Aber wenn man diesen Zusammenhang nicht prinzipiell aus der Theorie herleiten kann, dann fehlt doch in der Theorie etwas.

Das geht schon rein logisch und sprachlich nicht.

Die Theorie redet über zwei Dinge: mathematische Entitäten und reale Objekte X; ohne zu definieren, was diese realen Objekte X sind und wie du sie zu mathematischen Entitäten in Relation setzt, kannst du das nicht aus der Theorie ableiten, da diese X nicht einmal enthält.

Vermutlich kommt dir das deswegen so ungewöhnlich vor, weil ansonsten keine Theorie bzw. Interpretation der QM sagt, was ein Detektor eigtl. ist.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 04. Jun 2024 19:54    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Das klingt so als benötige die TI ein spezielles Axiom für "Detektoren".

Das Axiom definiert, was eine Quantenmessung ist. Ich nenne es ein Axiom, weil es grundlegend ist. Und weil sich die TI von allen andern Interpretationen dadurch unterscheidet, dass sie den Begriff der Messung definiert und damit mathematisch zugänglich macht, während die andern Interpretationen es dem Gutdünken jedes Einzelnen überlassen, wass eine Messung sein soll (und daher, unter welchen Umständen genau sich Welten verzweigen, ob ein Beobachter dazu gebraucht wird, und lauter solche physikalisch irrelevanten Aspekte), und daher die unselige 100jährige Diskussion am Leben erhalten.
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Aber ist der eigentliche Ersatz für 3.1 nicht lediglich die Feststellung, dass Messwerte makroskopische Größen sind (also letztlich Funktionen von Quantenwerten des Detektors),

Das wird daraus hergeleitet. In meinem Buch hatte ich das noch postulieren müssen, mangels besserer Einsicht.
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Ein Aspekt, der mir an der TI recht attraktiv erscheint ist der, dass ihre Aussagen über die Realität im Prinzip nicht mysteriöser sind als die der klassischen Physik. Sie hat einen Satz von deterministischen Gleichungen für "physikalische Größen" (q-Erwartungswerte), genau wie in der Mechanik oder klassischen Feldtheorie. Nur die Gleichungen sind anders und es gibt ein paar zusätzliche "nichtklassische Größen" wie . Also nichts was man nicht von einer Theorie erwarten würde, die die klassische Physik als Grenzfall enthält.

Ja, so ist es. Das war auch das Ziel meiner ganzen Arbeit daran.
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Aber sie formuliert eigentlich keine "axiomatischen" Aussagen über "Messungen" oder "Detektoren", sondern leitet sie her. Was genau ist also der Status des DRP in der TI? Benötigt sie irgendwelche Annahmen über das Verhalten von "Detektoren", die die klassische Physik nicht benötigt und die nur phänomenologisch begründet sind?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich verstehe das DRP nicht axiomatisch sondern eher so, dass es erklärt, was ein Subsystem auszeichnet, damit es ein Detektor ist.

Genau.
Jakito hat Folgendes geschrieben:
Die TI akzeptiert nicht-lokale Zustände, dass erscheint mir schon mysteriöser zu sein als die klassische Physik.

Nichtlokale, prinzipiell messbare Grössen!
Die finden sich in der QM eben vor und führen zu Verletzungen der Bellschen Ungleichungen, haben also ihre phänomenologische Berechtigung. Klassisch hat man aber auch schon Korrelationsfunktionen, die von mehreren Raumzeitpunkten abhängen und beobachtbar sind. Die sind auch nichtlokal.
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 04. Jun 2024 19:55    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

ohne zu sagen, was reale Objekte X sind und wie du sie zu mathematischen Entitäten in Relation setzt, kannst du das nicht aus der Theorie ableiten, da diese X nicht einmal enthält.


Ich wollte auch lediglich die Detektorantwort aus der Wechselwirkung mit dem System ableiten. Für die Information, welche realen Dinge den mathematischen Strukturen entsprechen reicht mir eigentlich Callens Prinzip. Größere Ansprüche habe ich eigentlich in dem Punkt nicht.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Vermutlich kommt dir das deswegen so ungewöhnlich vor, weil ansonsten keine Theorie bzw. Interpretation der QM sagt, was ein Detektor eigtl. ist.


Was auch immer es ist, ich gehe davon aus, dass es ein physikalisches System ist, dass denselben Naturgesetzen folgt wie alle anderen Systeme. Wenn ich sein Verhalten nicht im Prinzip aus diesen Gesetzen herleiten könnte, käme mir das noch viel ungewöhnlicher vor.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jun 2024 20:07    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Was auch immer es ist, ich gehe davon aus, dass es ein physikalisches System ist, dass denselben Naturgesetzen folgt wie alle anderen Systeme.

Ja.

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich sein Verhalten nicht im Prinzip aus diesen Gesetzen herleiten könnte, käme mir das noch viel ungewöhnlicher vor.

Kannst du das Verhalten einer Schaukel aus den Newtonschen Axiomen ableiten? Nein. Du benötigst zumindest ein Modell für die Kraft.
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 04. Jun 2024 20:11    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich sein Verhalten nicht im Prinzip aus diesen Gesetzen herleiten könnte, käme mir das noch viel ungewöhnlicher vor.

Kannst du das Verhalten einer Schaukel aus den Newtonschen Axiomen ableiten? Nein. Du benötigst zumindest ein Modell für die Kraft.


Ja und? Ich habe doch nicht gesagt, dass ich nur die Newtonschen Axiome verwenden will. Natürlich will ich auch bekannte Kraftgesetze verwenden. Ich habe auch nichts gegen physikalische Modelle von Detektoren. Im Gegenteil.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 04. Jun 2024 20:16    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich verstehe dass DRP nicht axiomatisch sondern eher so, dass es erklärt, was ein Subsystem auszeichnet, damit es ein Detektor ist.


Wieso muss ein Detektor diese Eigenschaft haben? Ich kann mir auch Detektorantworten vorstellen, die nichtlinear vom Zustand abhängen.

Es gibt auch makroskopische Systeme, die nichtlinear reagieren - nämlich, wenn man nichtlineare Materialien verwendet und die Intensität genügend hoch ist. Das sind aber keine Quantendetektoren im Sinn des DRPs.

Der Sinn des DRPs ist, einen Messbegriff festzulegen, über den man etwas physikalisch interessantes sagen kann.

Man definiert ja auch, was ein harmonischer Oszillator oder ein ideales Pendel ist, ohne damit zu postulieren dass alle Oszillatoren harmonisch sind, oder alle Pendel ideal.
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 04. Jun 2024 20:18    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Das klingt so als benötige die TI ein spezielles Axiom für "Detektoren".

Das Axiom definiert, was eine Quantenmessung ist. Ich nenne es ein Axiom, weil es grundlegend ist. Und weil sich die TI von allen andern Interpretationen dadurch unterscheidet, dass sie den Begriff der Messung definiert und damit mathematisch zugänglich macht, während die andern Interpretationen es dem Gutdünken jedes Einzelnen überlassen, wass eine Messung sein soll (und daher, unter welchen Umständen genau sich Welten verzweigen, ob ein Beobachter dazu gebraucht wird, und lauter solche physikalisch irrelevanten Aspekte), und daher die unselige 100jährige Diskussion am Leben erhalten.


Ich kann es immer noch nicht so richtig einordnen. Ich kann ja auch in der klassischen Physik "definieren" was eine Messung ist. Normalerweise sagt man einfach, Größe A "messe" Größe B, wenn A derart von B abhängt, dass man aus dem gegebenen Wert von A gut den Wert von B schätzen kann. (Eventuell mit statistischer Analyse etc.) Dazu muss irgendein geeigneter Zusammenhang zwischen A und B bestehen. Aber über die Art des Zusammenhangs ist ansonsten nichts weiter vorausgesetzt.

Ich sehe auch, dass das DRP Vorteile gegenüber den Aussagen anderer Interpretationen zu Messungen hat. Wieso muss ich von einer Quantenmessung einen speziellen linearen Zusammenhang zwischen Detektorantwort und Zustand fordern?
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 04. Jun 2024 20:25    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Für die Information, welche realen Dinge den mathematischen Strukturen entsprechen reicht mir eigentlich Callens Prinzip.

Das DRP definiert mathematische Begriffe namens detection elements, mean rate und intensity und ihre Beziehungen, die man braucht, damit man Callens Prinzip anwenden und so reale Dinge damit in Verbindung bringen kann.

So wie die Axiome der Gruppentheorie die Begriffe Gruppe, Multiplikation, und Inverse definieren, die man braucht, um in der Realität symmetrische Objekte damit in Verbindung zu bringen.
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 04. Jun 2024 20:29    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich verstehe dass DRP nicht axiomatisch sondern eher so, dass es erklärt, was ein Subsystem auszeichnet, damit es ein Detektor ist.


Wieso muss ein Detektor diese Eigenschaft haben? Ich kann mir auch Detektorantworten vorstellen, die nichtlinear vom Zustand abhängen.

Es gibt auch makroskopische Systeme, die nichtlinear reagieren - nämlich, wenn man nichtlineare Materialien verwendet und die Intensität genügend hoch ist. Das sind aber keine Quantendetektoren im Sinn des DRPs.


Achso, es geht tatsächlich nur um die Festsetzung des Begriffs "Quantenmessung"? Aber es spricht im Prinzip nichts gegen Messungen von Quantenwerten mittels "klassischer" Detektoren (mit nichtlinearer Antwort)?

Zitat:

Der Sinn des DRPs ist, einen Messbegriff festzulegen, über den man etwas physikalisch interessantes sagen kann.

Man definiert ja auch, was ein harmonischer Oszillator oder ein ideales Pendel ist, ohne damit zu postulieren dass alle Oszillatoren harmonisch sind, oder alle Pendel ideal.


Ok, ich glaube jetzt verstehe ich. Es geht also darum eine physikalisch brauchbare Definition einer "idealen" Messung einzuführen ohne das deshalb axiomatisch festgelegt werden soll, dass alle realen Messungen diese Eigenschaften haben müssen? Das finde ich natürlich absolut sinnvoll. Dann hatte ich mich wohl tatsächlich nur am Wort "Axiom" gestört.
Jakito



Anmeldungsdatum: 30.05.2024
Beiträge: 66

Beitrag Jakito Verfasst am: 04. Jun 2024 20:30    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Klassisch hat man aber auch schon Korrelationsfunktionen, die von mehreren Raumzeitpunkten abhängen und beobachtbar sind. Die sind auch nichtlokal.

Die Quantenkorrelationen sind aber schon mysteriöser. Da scheint mir doch ein wenig der Perfektionist am Werk, der die schwierigen Stellen am liebsten wegpolieren würde. Aber es ist doch nicht die Schuld der TI, dass die Welt so ist.

Es muss doch nicht sein, dass die TI auch mit Denkverboten anfängt: Du darfst nicht fragen, warum die Quantenphysik nichtlokaler als die klassische Physik ist. Nils Bohr war auch ein Perfektionist, und eigentlich wollen wir seine Denkverbote doch überwinden.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 04. Jun 2024 20:33    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich sein Verhalten nicht im Prinzip aus diesen Gesetzen herleiten könnte, käme mir das noch viel ungewöhnlicher vor.

Kannst du das Verhalten einer Schaukel aus den Newtonschen Axiomen ableiten? Nein. Du benötigst zumindest ein Modell für die Kraft.

Ja und? Ich habe doch nicht gesagt, dass ich nur die Newtonschen Axiome verwenden will. Natürlich will ich auch bekannte Kraftgesetze verwenden. Ich habe auch nichts gegen physikalische Modelle von Detektoren. Im Gegenteil.

Ohne dass Sie sagen, was eine Schaukel mathematisch gesehen sein soll, helfen Ihnen weder Newtonsche Axiome noch Kraftgesetze.

In einer axiomatische Theorie der Physik haben alle Dinge der Realität, auf die man sie anwenden will, ein formales Äquivalent, das auf der mathematischen Ebene präzise gefasst ist.

In der analytischen Mechanik gibt es z.B. einen harmonischen oszillator, verschiedene anharmonische Oszillatoren, einen Kreisel, ein Pendel, und was sonst noch Modell steht für realistische Anwendungen.

Die Definition der mathematischen Seite einer realen Anwendung nennt man mathematische Modellierung.

Die DRP modelliert also einen Quantendetektor, und es ist fundamental wichtig, den präzise zu modellieren, weil ich daraus alles andere herleite - die Darstellung der Messgrössen als Quantenwerte, die statistische Deutung, die Dynamik und die Schrödingergleichung als dealiserten Grenzfall, das Auftreten von Quantenfeldern, ....
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 04. Jun 2024 20:40    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Ich kann es immer noch nicht so richtig einordnen. Ich kann ja auch in der klassischen Physik "definieren" was eine Messung ist. Normalerweise sagt man einfach, Größe A "messe" Größe B, wenn A derart von B abhängt, dass man aus dem gegebenen Wert von A gut den Wert von B schätzen kann.

Diese schlampige Definition reicht nur deshalb, weil sich alle einig sind, was eine klassische Messung ist. Nach Ihrer Argumentation bräuchte man auch nicht mathematisch definieren, was eine Zahl ist, weil das sowieso jeder weiss. Aber Mathematiker definieren das trotzdem sehr genau (und im Lauf der Geschichte immer genauer!), weil sie nur so Missverständnisse vermeinden können.

Die Diskussion der Grundlagen der Quantenmechnaik ist ein Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn man darauf verzichtet: Missverständnisse und ananenader vorbei argumentieren überall!
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Wieso muss ich von einer Quantenmessung einen speziellen linearen Zusammenhang zwischen Detektorantwort und Zustand fordern?

Damit die traditionelle Quantemechnaik herauskommt!
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 04. Jun 2024 21:08    Titel: Antworten mit Zitat

Jakito hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Klassisch hat man aber auch schon Korrelationsfunktionen, die von mehreren Raumzeitpunkten abhängen und beobachtbar sind. Die sind auch nichtlokal.

Die Quantenkorrelationen sind aber schon mysteriöser.

Nein. Sie gehen im klassischen Limes ganz normal in die klassischen über. Die Bellschen Ungleichungen sind im klassischen Limes auch nicht mehr verletzt. Sie wären auch noch nicht experimentell nachgewiesen, wenn der physikalische Wert von hquer um ein paar Grössenordnungen kleiner wären.
Jakito hat Folgendes geschrieben:

Da scheint mir doch ein wenig der Perfektionist am Werk, der die schwierigen Stellen am liebsten wegpolieren würde.

Ich poliere ja nur die Vorstellung weg, die QM sei ganz anders als die klassische Mechanik. Sie ist es nicht.
Jakito hat Folgendes geschrieben:

Es muss doch nicht sein, dass die TI auch mit Denkverboten anfängt: Du darfst nicht fragen, warum die Quantenphysik nichtlokaler als die klassische Physik ist.

Die TI postuliert, leitet her und erklärt; sie verbietet nichts.
Jakito hat Folgendes geschrieben:

Nils Bohr war auch ein Perfektionist, und eigentlich wollen wir seine Denkverbote doch überwinden.

Ich will nicht die Denkverbote Bohrs überwinden, sondern die allzusehr verbreitete Vorstellung, die QM erlaube (oder fordere sogar) das Geschehen irgendwelcher magischer Zauberkunststücke, wie z.B.:
* Tunneln von Steinen durch Wände,
* Universen, Bierkrüge und Fussballmannschaften, die plötzlich irgenwo aus dem Vakuum auftauchen,
* überhaupt Vakuumfluktuationen mit dynamischer Bedeutung,
* unzählge unbeobachtbare Welten, in denen Fastkopien von uns unterwegs sind, aber mit nur ganz geringfügig verschiedener Geschichte.
* virtuelle Teilchen, die kurzzeitig aus dem Vakuum auftauchen und sich gerade so krümmen, dass sie einen winzigen Moment später wieder annihilieren (was 1-Loop Diagramme angeblich beweisen),
* irreduzible Wahrscheinlichkeiten, von der niemand (ausser sogenannten Agenten, die um wertlose Währung wetten) sagen kann, was sie sein sollen,
* unendlich dünne Weltlinien von Teilchen,
* etc.
TomS versteh sicher sehr gut, warum ich die Aufzählung in der gewählten Reihenfolge mache, mit den schlimmsten Zaubereien am Anfang.
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 04. Jun 2024 21:24    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich sein Verhalten nicht im Prinzip aus diesen Gesetzen herleiten könnte, käme mir das noch viel ungewöhnlicher vor.

Kannst du das Verhalten einer Schaukel aus den Newtonschen Axiomen ableiten? Nein. Du benötigst zumindest ein Modell für die Kraft.

Ja und? Ich habe doch nicht gesagt, dass ich nur die Newtonschen Axiome verwenden will. Natürlich will ich auch bekannte Kraftgesetze verwenden. Ich habe auch nichts gegen physikalische Modelle von Detektoren. Im Gegenteil.

Ohne dass Sie sagen, was eine Schaukel mathematisch gesehen sein soll, helfen Ihnen weder Newtonsche Axiome noch Kraftgesetze.


Das verstehe ich nicht. Laut klassischer Mechanik brauche ich für kein System etwas anderes als einen Phasenraum und Kraftgesetze (oder Hamiltonfunktion oder sowas). Mathematisch ist eine Schaukel dann ein System von Bewegungsgleichungen, deren Lösungen genau die Eigenschaften formal ausdrücken, die realen Schaukeln eben haben. Den letzten Satz habe ich als Inhalt von Callens Prinzip verstanden.

Zitat:

In einer axiomatische Theorie der Physik haben alle Dinge der Realität, auf die man sie anwenden will, ein formales Äquivalent, das auf der mathematischen Ebene präzise gefasst ist.

In der analytischen Mechanik gibt es z.B. einen harmonischen oszillator, verschiedene anharmonische Oszillatoren, einen Kreisel, ein Pendel, und was sonst noch Modell steht für realistische Anwendungen.

Die Definition der mathematischen Seite einer realen Anwendung nennt man mathematische Modellierung.


Ich glaube eigentlich das sehe ich nicht anders. Oder habe ich etwas anderes behauptet? Ich habe ja auch nichts dagegen mathematisch zu definieren was eine Quantenmessung ist. Ich frage mich nur, warum ich nicht einfach meine naive Vorstellung von "Größe A misst Größe B" (die ich oben formuliert habe) auf die Quantenmechanik übertragen kann. Oder ist sie auch in der klassischen Physik zu naiv? [Ist im Folgebeitrag beantwortet worden, aber so ganz verstehe ich die Antwort nicht. siehe unten.]


Zitat:

Die DRP modelliert also einen Quantendetektor, und es ist fundamental wichtig, den präzise zu modellieren, weil ich daraus alles andere herleite - die Darstellung der Messgrössen als Quantenwerte, die statistische Deutung, die Dynamik und die Schrödingergleichung als dealiserten Grenzfall, das Auftreten von Quantenfeldern, ....


Zitat:

Diese schlampige Definition reicht nur deshalb, weil sich alle einig sind, was eine klassische Messung ist. Nach Ihrer Argumentation bräuchte man auch nicht mathematisch definieren, was eine Zahl ist, weil das sowieso jeder weiss.


Ich habe nicht gesagt, dass man nicht mathematisch zu definieren braucht, was eine Messung ist. Und ich denke meine schlampige Definition kann auch sehr gut präzisiert werden. (Ich habe das nur nie versucht.) Aber ich benötige weder die präzise noch die schlampige Version, um die traditionelle klassische Mechanik aus ihr abzuleiten. Mich wundert nur, dass das in der Quantenmechanik anders sein soll. Denn der Begriff Messung und Detektor erscheint mir nicht so fundamental, das alles andere daraus folgen muss. Aber wenn es durchführbar ist, ist es natürlich auch nicht verkehrt.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 04. Jun 2024 21:25    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Ok, ich glaube jetzt verstehe ich. Es geht also darum eine physikalisch brauchbare Definition einer "idealen" Messung einzuführen ohne das deshalb axiomatisch festgelegt werden soll, dass alle realen Messungen diese Eigenschaften haben müssen?

Genau. Das ist der Sinn von Axiomen, Postulaten und Definitionen.

Man präzisiert, worüber man auf der mathematischen Ebene sprechen will. Und man wählt die Namen (und natürlich die zugehörigen Postulate, Axiome und Definitionen) so, dass sie mittels Callens Kriterium möglichst problemlos in die Realität übertragen werden können.

Ohne dass dieses Übertragen perfekt sein müsste. Den perfekten Kreis hat noch niemand gesehen, eine unendlichdünne Strecke auch nicht. Nur kleine ganze Zahlen und rationale Zahlen mit kleinem Zähler und Nenner sind auch im Leben meist perfekt. (Ausnahmen gibt es selbst da, z.B. die Zahl der Leute in einem Raum, wenn gerade jemand under der Tür steht...)

Die Perfektion denkt man sich also dazu, und wenn die Abweichungen zwischen dem mathematischen Modell (wo alles präzise erklärt ist) und der Wirklichkeit (die man beobachtet oder sogar mit ausgeklügelten Methoden ausspioniert) auffällig werden, schaut man sich nach besseren (meist komplizierteren) Modellen um.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 04. Jun 2024 22:03    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Mathematisch ist eine Schaukel dann ein System von Bewegungsgleichungen,

Nein, sicher nicht. Bewegungsgleichungen bewegen sich nämlich nicht, eine Schaukel, die diesen Namen verdient, aber schon!

Eine (ideale) Schaukel ist mechanisch gesehen ein (konservatives) Hamiltonsches System mit Zwangsbedingungen unter dem Einfluss eines konstanten externen Gravitationspotentials (und evtl. weiterer Kräfte), und zwar ein starrer Körper, der beweglich so aufgehängt ist, dass er genau einen Winkel als Freiheitsgrad hat.

All diese Begriffe haben in der Mechanik eine genau definierte Bedeutung. Weiss man die, so kann man die Bewegungsgleichungen hinschreiben, lösen, und damit vorhersagen, wie sich die Schaukel bewegt. Damit kann man dann Callens Kriterium checken, und z.B. herausfinden, dass ein Kreisel keine Schaukel ist, ein Wippe aber schon. Eine an Seilen oder Ketten aufgehängte Schaukel ist nur in sehr grober Näherung eine ideale Schaukel, in Wirklichkeit etwas wesentlich Komplizierteres, was mathematisch so zu modellieren dass man damit halbwegs realistische Vorhersagen machen kann, sehr viel Arbeit macht. (Das wäre vielleicht eine Bachelor-Abschlussarbeit für einen sehr guten Physikstudenten)

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Ich glaube eigentlich das sehe ich nicht anders. Oder habe ich etwas anderes behauptet? Ich habe ja auch nichts dagegen mathematisch zu definieren was eine Quantenmessung ist. Ich frage mich nur, warum ich nicht einfach meine naive Vorstellung von "Größe A misst Größe B" (die ich oben formuliert habe) auf die Quantenmechanik übertragen kann. Oder ist sie auch in der klassischen Physik zu naiv?

Sie ist halt sehr schlampig, wie Ihre Definition einer Schaukel auch. Definitionen muss man sehr präzise fassen, wenn man aus ihnen und der Theorie allein gültige Schlüsse ziehen will.
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Ich habe nicht gesagt, dass man nicht mathematisch zu definieren braucht, was eine Messung ist. Und ich denke meine schlampige Definition kann auch sehr gut präzisiert werden. (Ich habe das nur nie versucht.)

Natütrlich. Aber es ist nichttriviale Arbeit. Und am Ende steht sicher nicht etwas viel Einfacheres als meine DRP.
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Aber ich benötige weder die präzise noch die schlampige Version, um die traditionelle klassische Mechanik aus ihr abzuleiten.

Klar. Denn um die traditionelle klassische Mechanik abzuleiten, braucht man den Messbegriff gar nicht, nur das Wirkungsprinzip. Aber um die traditionelle klassische Mechanik mit der Wirklichkeit physikalischer Messungen in Beziehung zu setzen braucht man eine Definition dessen, was eine ideale Messung ist. Dazu gibt es eine ausgedehnte Literatur, die Metrologie! (Falls sie nachlesen wollen: die englische Wikipedia ist da viel informativer als die deutsche!)
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Mich wundert nur, dass das in der Quantenmechanik anders sein soll.

Mich wundert dagegen, dass Sie denken, in der klassischen Mechanik sei es so anders.
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 05. Jun 2024 06:22    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Mathematisch ist eine Schaukel dann ein System von Bewegungsgleichungen,

Nein, sicher nicht. Bewegungsgleichungen bewegen sich nämlich nicht, eine Schaukel, die diesen Namen verdient, aber schon!


Sie wollten doch, dass ich was dazu sage, was eine Schaukel mathematisch ist. Mathematische Objekte bewegen sich natürlich nicht. Sie beschreiben Eigenschaften, die die Bewegung des realen Objekts hat. Das Ding, das sich bewegt war in meinem Satz die "reale Schaukel", nicht die "mathematische Schaukel" (bzw. die Bewegungsgleichungen).

Zitat:

Eine (ideale) Schaukel ist mechanisch gesehen ein (konservatives) Hamiltonsches System mit Zwangsbedingungen unter dem Einfluss eines konstanten externen Gravitationspotentials (und evtl. weiterer Kräfte), und zwar ein starrer Körper, der beweglich so aufgehängt ist, dass er genau einen Winkel als Freiheitsgrad hat.


Ich habe doch sinngemäß genau dasselbe gesagt, nur mit weniger Worten. Die Zwangsbedingungen definieren den Phasenraum und darauf gibt es dann noch die Kraftgesetze oder die Hamiltonfunktion. Und zusammen ergibt das dann von mir aus ein konservatives Hamiltonsches System mit einem Freiheitsgrad. Das ist genau der mathematische Teil, der beliebig präzise formuliert werden kann.

Zitat:

All diese Begriffe haben in der Mechanik eine genau definierte Bedeutung. Weiss man die, so kann man die Bewegungsgleichungen hinschreiben, lösen, und damit vorhersagen, wie sich die Schaukel bewegt. Damit kann man dann Callens Kriterium checken, und z.B. herausfinden, dass ein Kreisel keine Schaukel ist, ein Wippe aber schon.


Exakt so sehe ich das auch.

Zitat:

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Ich glaube eigentlich das sehe ich nicht anders. Oder habe ich etwas anderes behauptet? Ich habe ja auch nichts dagegen mathematisch zu definieren was eine Quantenmessung ist. Ich frage mich nur, warum ich nicht einfach meine naive Vorstellung von "Größe A misst Größe B" (die ich oben formuliert habe) auf die Quantenmechanik übertragen kann. Oder ist sie auch in der klassischen Physik zu naiv?

Sie ist halt sehr schlampig, wie Ihre Definition einer Schaukel auch. Definitionen muss man sehr präzise fassen, wenn man aus ihnen und der Theorie allein gültige Schlüsse ziehen will.


Meine beiden Definitionen sind nur deshalb schlampig weil ich gar nicht nicht vorhatte mit mathematischer Präzision Schlüsse zu ziehen, sondern nur zum Zweck der Diskussion grob zu beschreiben, wie ich die Verhältnisse sehe. Das wichtigste an meinen Definition ist, dass ich denke, dass man sie beliebig präzisieren kann, sofern das nötig ist. Aber es ist nicht immer nötig wenn z.B. 1) klar ist, wie das geht, wie im Fall von Hamiltonschen Systemen in der klassischen Mechanik oder 2) schlicht nichts theoretisch daraus abgeleitet werden soll, wie im Fall der klassischen Messung.



Zitat:

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Aber ich benötige weder die präzise noch die schlampige Version, um die traditionelle klassische Mechanik aus ihr abzuleiten.

Klar. Denn um die traditionelle klassische Mechanik abzuleiten, braucht man den Messbegriff gar nicht, nur das Wirkungsprinzip. Aber um die traditionelle klassische Mechanik mit der Wirklichkeit physikalischer Messungen in Beziehung zu setzen braucht man eine Definition dessen, was eine ideale Messung ist. Dazu gibt es eine ausgedehnte Literatur, die Metrologie! (Falls sie nachlesen wollen: die englische Wikipedia ist da viel informativer als die deutsche!)
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:

Mich wundert nur, dass das in der Quantenmechanik anders sein soll.

Mich wundert dagegen, dass Sie denken, in der klassischen Mechanik sei es so anders.


Aber ich denke doch nur, was Sie gerade eben auch gesagt haben: Um die traditionelle klassische Mechanik abzuleiten, braucht man den Begriff der Messung nicht. Ich denke das ist der Grund warum in der theoretischen Mechanik niemand präzise definiert was eine Messung ist (nicht weil es jeder weiß). In der Metrologie sieht das natürlich anders aus, aber die Metrologie leitet nicht die theoretische Mechanik her. Also wenn man mit mathematischer Präzision über Messungen reden will, dann soll und muss man mathematisch auch den Begriff "Messung" definieren. Das ist in der klassischen Physik nicht anders als in der Quantenmechanik. Aber hat man in der Quantenmechanik einen theoretischen Anlass für eine solche präzise Definition, den man in der klassischen Mechanik nicht hat?

Man kann doch auch die Quantenmechanik mathematisch exakt definieren ohne den Begriff Messung einzuführen. Ich traue mich jetzt nicht das zu versuchen, weil das dann wieder schlampig klingt. Aber ich stelle es mir so vor, dass man einfach einen Hilbertraum definiert mit Observablenalgebra und Bewegungsgleichungen für die Dichteoperatoren (entweder von-Neumann oder Lindbladgleichungen). Das wäre dann völlig analog zur klassischen Mechanik. Natürlich spricht auch nichts dagegen, die QM aus dem DRP abzuleiten. Im Gegenteil, wenn das möglich ist, ist das ein eleganter Weg. Aber er kommt mir nur sehr anders vor als der Weg in der klassischen Physik. Das ist schon alles.
TomS
Moderator


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Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Jun 2024 06:46    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
[Also wenn man mit mathematischer Präzision über Messungen reden will, dann soll und muss man mathematisch auch den Begriff "Messung" definieren. Das ist in der klassischen Physik nicht anders als in der Quantenmechanik. Aber hat man in der Quantenmechanik einen theoretischen Anlass für eine solche präzise Definition, den man in der klassischen Mechanik nicht hat?

Ja. Das Messproblem.

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Man kann doch auch die Quantenmechanik mathematisch exakt definieren ohne den Begriff Messung einzuführen … Aber ich stelle es mir so vor, dass man einfach einen Hilbertraum definiert mit Observablenalgebra und Bewegungsgleichungen für die Dichteoperatoren (entweder von-Neumann oder Lindbladgleichungen). Das wäre dann völlig analog zur klassischen Mechanik.

Ja.

Das DRP oder ein ähnliches Prinzip stünde dann nicht an der Spitze der Überlegungen sondern käme später zum tragen. Man betrachtet dann innerhalb des von dir genannten theoretischen Rahmens realistische Modelle – für sogenannte Messgeräte – und diskutiert für diese, wie sie sich konkret und sinnvoll verhalten. Man löst somit das Messproblem speziell für diese Modelle.

Das klingt für mich schon sinnvoll.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 05. Jun 2024 07:34    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
[Also wenn man mit mathematischer Präzision über Messungen reden will, dann soll und muss man mathematisch auch den Begriff "Messung" definieren. Das ist in der klassischen Physik nicht anders als in der Quantenmechanik. Aber hat man in der Quantenmechanik einen theoretischen Anlass für eine solche präzise Definition, den man in der klassischen Mechanik nicht hat?

Ja. Das Messproblem.


Ok, das ist auch ein guter Grund. Ich denke tatsächlich auch, dass das Messproblem hauptsächlich durch unpräzise Aussagen über Messungen in den traditionellen Interpretationen entsteht. Davon hat mich niemand so sehr überzeugt, wie A.Neumaier. Dies allein ist ein Grund stattdessen einen präzisen Begriff zu verwenden. Das sehe ich auch ein. Alles was ich mich frage ist, ob der Begriff Messung überhaupt in der präzisen Formulierung der Quantenmechanik so eine fundamentale Rolle spielen muss. Oder ob man ihn, wie in der klassischen Physik, in die Metrologie verlegen kann (Quantenmetrologie sozusagen). Aber wenn man ihn als fundamentalen Begriff verwendet, dann muss er natürlich präzise sein. Es geht mir also nicht darum ob Präzision an sich nötig ist (das ist sie natürlich), sondern eher um die Auswahl der Axiome, denke ich.

Zitat:

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Man kann doch auch die Quantenmechanik mathematisch exakt definieren ohne den Begriff Messung einzuführen … Aber ich stelle es mir so vor, dass man einfach einen Hilbertraum definiert mit Observablenalgebra und Bewegungsgleichungen für die Dichteoperatoren (entweder von-Neumann oder Lindbladgleichungen). Das wäre dann völlig analog zur klassischen Mechanik.

Ja.

Das DRP oder ein ähnliches Prinzip stünde dann nicht an der Spitze der Überlegungen sondern käme später zum tragen. Man betrachtet dann innerhalb des von dir genannten theoretischen Rahmens spezielle Subsysteme – sogenannte Messgeräte – und diskutiert für diese, wie sie sich konkret und sinnvoll verhalten. Und man löst somit das Messproblem speziell für diese Messgeräte.

Das klingt für mich schon sinnvoll.


Ja, exakt so stelle ich mir das vor, danke. Man würde sogar zeigen, dass das DRP in gewissem Sinne für die Quantenmechanik notwendig ist und nicht nur hinreichend. Und das Messproblem kommt weiterhin nicht auf, weil man nirgendwo in der Herleitung auf Präzision verzichten muss.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Jun 2024 08:20    Titel: Antworten mit Zitat

Dabei wird natürlich klar, dass man eine physikalische Idee hat, wie Messgeräte quantenmechanisch funktionieren - und dass es andere Modelle gibt, die eine andere Klasse von Messgeräten darstellen könnten, die in diesem Sinne keine Messgeräte sind, oder die sich möglicherweise physikalische sinnlos verhalten würden. Für letztere müsste man dann verstehen, warum sie nicht realisiert oder nicht realisierbar sind.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 05. Jun 2024 10:34    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Mathematische Objekte bewegen sich natürlich nicht.

Sie haben mich noch nicht verstanden.

Eine Bewegungsgleichung bewegt sich nicht. Aber ein mathematischer Punkt am mathematischen Ort x(t), der von der mathematischen Zeit t abhängt, bewegt sich, denn er ändert seinen Ort mit der Zeit.

Bei korrekter Modellierung muss alles, was man über die Wirklichkeit physikalisch sagen will, in präziser mathematischer Sprache beschreibbar sein, insbesondere auch sich bewegende Objekte.

Wenn man nur einen 3N-dimensionalen Phasenraum hat und einen mathematischen Ausdruck für H, hat man zwar ein abstraktes Hamiltonsches System, aber noch nichts, was man in Bezug zur Realität setzen könnte.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 05. Jun 2024 10:43    Titel: Antworten mit Zitat

Ich denke, alles Wesentliche ist nun gesagt.

Hiermit verabschiede ich mich wieder von meiner Rolle als Gast bei physikerboard.de, bedanke mich für die Gastfreundschaft und die Gelegenheit, ein paar Missverständnisse auszuräumen.

Wer weiter mit mir diskutieren will, kann es auf Englisch auf physicsOverflow.org (graduate+ level) oder dem Quantenmechanik Forum von physicsforums.com (weniger technisch) tun, wo ich regelmässig hineinschaue.

Allen Beteiligten wünsche ich weiterhin viel Freude an der und Einsicht in die Physik!
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 05. Jun 2024 10:55    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Mathematische Objekte bewegen sich natürlich nicht.

Sie haben mich noch nicht verstanden.

Eine Bewegungsgleichung bewegt sich nicht. Aber ein mathematischer Punkt am mathematischen Ort x(t), der von der mathematischen Zeit t abhängt, bewegt sich, denn er ändert seinen Ort mit der Zeit.


Ich wollte nur klarstellen, dass ich weder gesagt noch impliziert habe, dass sich Bewegungsgleichungen bewegen. Eine Lösung der Bewegungsgleichung f: t-> x(t) beschreibt eine Bewegung und von dem Punkt x(t) kann man meinetwegen auch sagen, dass er sich "bewegt", obwohl er ein mathematisches Objekt ist. Er "bewegt" sich aber nur insofern, als die Bewegungsgleichungen die Eigenschaften formal ausdrücken, die das reale Objekt hat. Und die Idee der Bewegung kommt aus der Realität, nicht aus dem mathematischen Modell. (Abstrakte mathematische Funktionen x(t) können auch etwas anderes beschreiben als Bewegungen.) Ich glaube wir haben hier höchstens terminologische, keine substanziellen Meinungsverschiedenheiten oder nicht?

Zitat:

Bei korrekter Modellierung muss alles, was man über die Wirklichkeit physikalisch sagen will, in präziser mathematischer Sprache beschreibbar sein, insbesondere auch sich bewegende Objekte.

Wenn man nur einen 3N-dimensionalen Phasenraum hat und einen mathematischen Ausdruck für H, hat man zwar ein abstraktes Hamiltonsches System, aber noch nichts, was man in Bezug zur Realität setzen könnte.


Aber sie haben mich ja nur nach der mathematischen Beschreibung gefragt oder nicht? Was benötigt man denn noch außer einer mathematische präzisen Beschreibung aller beteiligten Subsysteme inklusiver ihrer Wechselwirkung und Callens Prinzip?
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 05. Jun 2024 11:08    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Ich denke, alles Wesentliche ist nun gesagt.

Hiermit verabschiede ich mich wieder von meiner Rolle als Gast bei physikerboard.de, bedanke mich für die Gastfreundschaft und die Gelegenheit, ein paar Missverständnisse auszuräumen.


Vielen Dank für die interessante Diskussion und die vielen Einsichten! Mir haben Sie sehr geholfen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Jun 2024 11:24    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Hiermit verabschiede ich mich wieder von meiner Rolle als Gast bei physikerboard.de, bedanke mich für die Gastfreundschaft und die Gelegenheit, ein paar Missverständnisse auszuräumen.

Wer weiter mit mir diskutieren will, kann es auf Englisch auf physicsOverflow.org (graduate+ level) oder dem Quantenmechanik Forum von physicsforums.com (weniger technisch) tun, wo ich regelmässig hineinschaue.

Allen Beteiligten wünsche ich weiterhin viel Freude an der und Einsicht in die Physik!

Vielen Dank für Ihre Beiträge und natürlich für die Ausarbeitung der TI.

Ich denke, ich werde nächste Woche mit einigen Fragen auf Sie zukommen.

Ich wünsche viel Erfolg, auch für Ihr Buchprojekt.

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Beitrag antaris Verfasst am: 05. Jun 2024 11:52    Titel: Antworten mit Zitat

Auch von mir vielen Dank und viel Erfolg für Ihr Projekt!
antaris



Anmeldungsdatum: 12.12.2022
Beiträge: 692
Wohnort: In einem chaotischen Universum

Beitrag antaris Verfasst am: 05. Jun 2024 12:20    Titel: Antworten mit Zitat

Ein "FAQ" über die TI von 2007 auf deutsch, welches die hier getätigten Aussagen seitens Prof. Neumaier geordnet und kurz beschrieben widerspiegelt:
https://arnold-neumaier.at/physfaq/therm/ThermDeutsch.txt
Jakito



Anmeldungsdatum: 30.05.2024
Beiträge: 66

Beitrag Jakito Verfasst am: 05. Jun 2024 13:03    Titel: Antworten mit Zitat

antaris hat Folgendes geschrieben:
Ein "FAQ" über die TI von 2007 auf deutsch, welches die hier getätigten Aussagen seitens Prof. Neumaier geordnet und kurz beschrieben widerspiegelt:
https://arnold-neumaier.at/physfaq/therm/ThermDeutsch.txt
Ich finde dieses Dokument auch ganz toll, besonders gut gefällt mir:
Zitat:
--------------------------------------------
S33. Was wird aus dem Superpositionsprinzip?
--------------------------------------------

In der traditionellen Analyse des Messprozesses nach von Neumann wird radikal vereinfacht (wodurch die Probleme entstehen), indem man Messungen als Reduktion auf Eigenwerte auffasst, und allgemeinere Situationen dann mit Hilfe des Superpositionprinzips analysiert.

In der Thermischen Interpretation ist das ein klein bisschen komplizierter. Wenn man nämlich ein Experiment wiederholt, hat sich der Zustand des Rests der Welt schon verändert, und man hat daher nicht mehr exakt dieselbe Situation.

Sondern nur noch im Mittel dieselbe. Das macht den ganzen Unterschied, Man kann nämlich nicht ganze Universen superponieren. Jedenfalls wüsste ich nicht, wie das präpariert werden soll. Es gibt in der Thermischen Interpretation nur _einen_ Zustand, den des gesamten Universums. Alles andere sind Derivate.

Das Superpositionsprinzip gilt nur für Systeme, die so klein sind, dass man sie innerhalb dieses Universums in praktisch beliebiger Anzahl herstellen und manipulieren kann. Makroskopische Systeme gehören definitiv nicht mehr dazu!

Diese Einschränkung bringt Wigners klassisches Argument
Zitat:
J.A. Wheeler and W. H. Zurek (eds.), Quantum theory and measurement.
Princeton Univ. Press, Princeton 1983, Kapitel II.2, insbes. pp. 285-288.
(siehe dazu den Beitrag ''Does decoherence solve the measurement problem?''
in meinem theoretical physics FAQ auf http://www.mat.univie.ac.at/~neum/physics-faq.txt)

zu Fall, das die Unvereinbarkeit von uneingeschränkter Unitarität, dem uneingeschränkten Superpositionsprinzip und dem Kollaps des Zustands bei einer Messung beweist.

Allerdings hat sich aus Sicht von A. Neumaier die TI inzwischen ein bisschen weiterentwickelt, so ist z.B. das (DRP) hinzugekommen. Und selbst zwischen v4 und v5 von Quantum tomography explains quantum mechanics gibt es einen wichtigen Unterschied: Der folgende Teil des Messproblems wird jetzt nämlich anders beantwortet/gelöst.
page 86 in v5 hat Folgendes geschrieben:
3. To show that a single particle moving along a beam triggers at most one of an array of detection elements. This is the unique outcome problem of quantum measurement.
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