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Matrixelemente und Wahrscheinlichkeiten
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A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 20. Mai 2024 22:12    Titel: Matrixelemente und Wahrscheinlichkeiten Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Sie meinen, weil es Vielteilchenzustände gibt,
deren inneres Produkt mit dem Vakuumzustand nicht veschwindet, kann
das Vakuum nicht leer sein. Ist es so, oder gibt es da noch mehr zu
verstehen? -- ist wohl am ehesten geeignet, konstruktiv
weiterzuführen.

Ja, das ist der Kern meiner Argumentation, wobei wir Begriffe wie
"leer" oder "nicht leer" vermeiden sollten. Argumentieren wir doch
ganz einfach mittels quantenmechanischer Wahrscheinlichkeiten.

Gut. Welche Wahrscheinlichkeit bekommt man aus der Kenntnis eines einzigen Matrixelements in Ihrer Argumentation? Und für was genau?

Da gingen Sie bisher sehr grosszügig über die Details weg - aber auf die kommt es an, wenn die Schlussfolgerung physikalisch Sinn machen soll!
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 16. Jul 2024 14:00    Titel: Re: Matrixelemente und Wahrscheinlichkeiten Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Sie meinen, weil es Vielteilchenzustände gibt,
deren inneres Produkt mit dem Vakuumzustand nicht veschwindet, kann
das Vakuum nicht leer sein. Ist es so, oder gibt es da noch mehr zu
verstehen? -- ist wohl am ehesten geeignet, konstruktiv
weiterzuführen.

Ja, das ist der Kern meiner Argumentation, wobei wir Begriffe wie
"leer" oder "nicht leer" vermeiden sollten. Argumentieren wir doch
ganz einfach mittels quantenmechanischer Wahrscheinlichkeiten.

Gut. Welche Wahrscheinlichkeit bekommt man aus der Kenntnis eines einzigen Matrixelements in Ihrer Argumentation? Und für was genau?

Da gingen Sie bisher sehr grosszügig über die Details weg - aber auf die kommt es an, wenn die Schlussfolgerung physikalisch Sinn machen soll!

Das ist immer noch offen ....
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 18. Jul 2024 20:42    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo!

Meine Ausrede für mein Schweigen ist das Nachdenken über nicht-lokale Korrelationen in der Thermal Interpretation …

Egal, zurück zum Thema.

Ein nicht-trivialer Vakuumzustand ist m.M.n. dadurch gekennzeichnet, dass gewisse Größen (mit den Quantenzahlen des Vakuums) einen nicht-verschwindenden Erwartungswert haben. Zwei Beispiele sind das Higgs-Feld sowie das Quark-Kondensat





Beide Größen sind indirekt messbar, erstere mittels der Masse des W, letztere mittels des Pion-Zerfalls.

Beide Größen hängen prinzipiell von x ab, da es sich um Erwartungswerte lokaler Operatoren handelt.

Nun kann ich dieses Matrixelement jedoch auch auffassen als



D.h. der (nicht-triviale) Vakuumzustand enthält einen nicht-verschwindenden Beitrag eines Zustand sigma (plus weiterer …).

In chiraler Störungstheorie entspricht dies dem Ansatz



mit dem skalaren sigma bzw. f°(500) und den pseudo-skalaren Pionen.

D.h., genau so, wie man von einem im Vakuum nicht-verschwindenden Higgs-Feld spricht, kann ich im Falle des Quark-Kondensats von einem nicht-verschwindenden sigma-Feld sprechen.

Deshalb denke ich, dass der Sprachgebrauch, "das nicht-triviale QCD-Vakuum enthält dieses Feld und ist deshalb in diesem Sinne nicht leer" in Ordnung ist. Das Vakuum ist aber "leer im Sinne von Abwesenheit teilchenartiger Anregungen", und es ist natürlich translationsinvariant.

Was ich oben zu den Wahrscheinlichkeiten geschrieben habe, vergessen wir mal besser.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 19. Jul 2024 14:59    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Was ich oben zu den Wahrscheinlichkeiten geschrieben habe, vergessen wir mal besser.

Das ist auch gut so, denn es war Unsinn.

Der Rest Ihrer Antwort hat mit meiner Frage hier nichts zu tun und gehört zum andern Thread.
Mister_X
Gast





Beitrag Mister_X Verfasst am: 12. Aug 2024 20:39    Titel: Antworten mit Zitat

Guten Abend,

ich habe hier nach langer Zeit auch mal wieder hineingeschaut. Damals ist wegen einer Frage von mir die Diskussion über die "fluktuierenden Fussballmannschaften und Gehirne" entfacht. Konnte hier bzw in einem anderen Thema abschließend geklärt werden, warum diese nicht existieren (bzw keine makroskopischen Gegenstände umher fluktuieren)? Damals, als ich noch aktiv gelesen habe, konnte kein Konsens zwischen TomS und Prof. Neumeier erzielt werden.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 12. Aug 2024 21:18    Titel: Antworten mit Zitat

Mister_X hat Folgendes geschrieben:
Guten Abend,

ich habe hier nach langer Zeit auch mal wieder hineingeschaut. Damals ist wegen einer Frage von mir die Diskussion über die "fluktuierenden Fussballmannschaften und Gehirne" entfacht. Konnte hier bzw in einem anderen Thema abschließend geklärt werden, warum diese nicht existieren (bzw keine makroskopischen Gegenstände umher fluktuieren)? Damals, als ich noch aktiv gelesen habe, konnte kein Konsens zwischen TomS und Prof. Neumaier erzielt werden.

Bisher leider nicht, obwohl TomS mit seinen Behauptungen vorsichtiger geworden ist, seit er mehr von der TI (wo es nichts Abstruses gibt) versteht.

Extra dafür hatte ich ja diesen Thread hier (und noch einen anderen) eröffnet, damit das auf einer mehr formalen Ebene diskutiert werden kann. Aber die sind beide wieder eingeschlafen.
Mister_X
Gast





Beitrag Mister_X Verfasst am: 12. Aug 2024 22:01    Titel: Antworten mit Zitat

Okay, vielen Dank für die Rückmeldung.
Ich werde hin und wieder mal hier vorbeischauen, vielleicht ergibt sich ja noch etwas.
Mister_X
Gast





Beitrag Mister_X Verfasst am: 13. Aug 2024 08:19    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Bisher leider nicht, obwohl TomS mit seinen Behauptungen vorsichtiger geworden ist, seit er mehr von der TI (wo es nichts Abstruses gibt) versteht.


Auch wenn ich die TI genial finde, würde ich vermuten, dass auch bei der minimalen Standard-Interpretation (oder auch bei der Kopenhagener Deutung) diese abstrusen Dinge wie fluktuierende makroskopische Gegenstände nicht vorkommen.

Mal abwarten, vielleicht wird das Thema hier ja nochmal diskutiert.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 08:31    Titel: Antworten mit Zitat

Gemäß einer oberflächlichen Lesart der Quantenmechanik kommt alles vor, was nicht exakt ausgeschlossen wird, also Amplitude Null hat. Und gemäß einer sorgfältigen Lesart der Quantenmechanik kommt nur das vor, was eine von Null verschiedene Amplitude hat. Der Punkt ist nur – niemand kann diese Amplituden exakt berechnen.

Inwiefern man irgendwelchen mathematischen Objekten dann auch als etwas reales interpretiert, ist dabei noch mal eine andere Frage. Gemäß der Feynmanschen Pfadintegralformulierung tragen alle Pfade eines Teilchens von einem festgehaltenen Anfangs- zu einem festgehaltenen Endpunkt mit einer gewissen Amplitude bei. Im Falle eines Doppelspalt-Experimentes eben auch ein Pfad, der durch den einen Spalt hindurchgehet, durch den anderen zurück, wieder hindurch usw., bis er nach dem 67sten Mal am Detektor ankommt. Man kann das in diesem Fall so konstruieren, dass die Amplitude sicher ungleich Null ist.

Ist das jetzt real? Gemäß einer minimalen Interpretation ist gar nichts derartiges real, es handelt sich einfach um Rechenmethoden. Trägt dieser Pfad zu einem messbaren Interferenzmuster bei? Ja – auch nach der minimalen Interpretation.

Kann jemand beweisen, dass die Amplituden für fluktuierende Gehirne exakt Null sind? Oder dass sie sicher größer Null sind? Haben alle Physiker ein gemeinsames Verständnis von "real"?

Das ganze ist für mich so etwas wie der Streit um die Anzahl der auf einer Nadelspitze tanzenden Engel.


Um das ganze zu erden eine konkrete Problemstellung:

Wir betrachten zwei unstrittig "vernünftige" Zustände initial und final und dafür das Matrixelement



Dies bezeichnet in einem gewissen Kontext die Amplitude für das Auftreten des finalen Zustandsvektors nach einer gewissen Zeit t, wenn zur Zeit 0 der initiale Zustandsvektors vorlag. Das meine ich rein mathematisch, noch ohne Interpretation und Realitätsbezug.

Wir betrachten nun alle mathematisch möglichen, zu einem beliebigen orthonormierten System gehörenden Zustandsvektoren X und berechnen



Wenn nun irgendein X auf ein Matrixelement ungleich Null führt, stellt sich die Frage, welchen Realitätsbezug wir diesem von Null verschiedenen Matrixelement



zuschreiben.

Dass wir X und das entsprechende Matrixelement in einem rein formalen Rechenschritt einführen, bedeutet ja nicht, dass wir nicht auch das einzelne Matrixelement vom initialen Zustand in den Zustand X betrachten dürfen.

Wenn notwendig, können wir das auch mittels Dichteoperatoren umformulieren.

Frage: Welche Interpretation der Quantenmechanik sagt genau was zum Realitätsbezug dieses Matrixelements von i nach X?

Für die Antwort soll die genaue Beschaffenheit von X und der genaue Wert der Amplitude keine Rolle spielen; letztere soll nur ungleich Null sein.

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TomS
Moderator


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Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 09:51    Titel: Antworten mit Zitat

1. Antwort nach der minimal stochastischen Interpretation: Die Wahrscheinlichkeit, dass nach der Präparation von i tatsächlich Messwerte ermittelt werden, die X zugeschrieben werden können, ist größer Null. Anders formuliert: wiederholen wir das Experiment oft genug, so wird die Wahrscheinlichkeit, nie derartige Messwerte zu ermitteln, die X zugeschrieben werden können, beliebig klein. Salopp formuliert: irgendwann wird dann auch mal ein X vorliegen.
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A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 13. Aug 2024 10:20    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Frage: Welche Interpretation der Quantenmechanik sagt genau was zum Realitätsbezug dieses Matrixelements von i nach X?

Für die Antwort soll die genaue Beschaffenheit von X und der genaue Wert der Amplitude keine Rolle spielen; letztere soll nur ungleich Null sein.

Dazu müsste man wohl einen Überblick über ein Dutzend Interpretationen und alle ihre Varianten geben? Denn wenn man nur den Definitionen der gängigen Interpretationen folgt, so sagen diese ohne weitere Annahmen (die von Autor zu Autor verschieden sind, wenn sie nicht voneinander abkupferten) gar nichts aus über Ihre Situation!

Beantworten Sie mir lieber die Eingangsfrage dieses Threads! Da kommt es nämlich nur auf Ihre Meinung an.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 13. Aug 2024 10:38    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
1. Antwort nach der minimal stochastischen Interpretation:

minimale statistische Interpretation!

Stochastik ist die mathematische Theorie der Wahrscheinlichkeit ohne Bezug zur Realität, Statistik die Theorie der Auswertung von Daten, die durch endliche Stichproben gegeben sind.
TomS hat Folgendes geschrieben:

Die Wahrscheinlichkeit, dass nach der Präparation von i tatsächlich Messwerte ermittelt werden, die X zugeschrieben werden können, ist größer Null.

Nein. Die minimale statistische Interpretation redet nämlich von Wahrscheinlichkeiten nur in einem ganz konkreten Kontext, der durch die Bornsche Regel gegeben ist.

Da muss es also ein Messinstrument geben, das eine zum von psi_i aufgespannten Unterraum gehörige projektive Messung so exakt realisiert, dass beliebig winzige Wahrscheinlichkeiten noch nicht durch Fehlerquellen verdeckt werden.

Das ist bei willkürlich hergezauberten psi_i in aller Regel nicht der Fall!

Mit gutem Grund beschränken sich die Lehrbücher bei der Rechtfertigung der Bornschen Regel auf ganz einfache, winzige Quantensysteme (ein paar gekoppelte qubits oder ein ortsabhängiges Teilchen), wo projektive Messungen leicht zu realisieren sind.

Die Quanteninformatiker schlagen sich damit herum, wie man die Fehlerquellen gering halten kann, und schaffen es bisher nicht (trotz vielen jahrelangen Bemühungen, mehr als ca. 50 qubits wenigstens einigermassen rein zu halten.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 10:56    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Dazu müsste man wohl einen Überblick über ein Dutzend Interpretationen und alle ihre Varianten geben?
,
Jeder darf zu einer Interpretation und nach seiner Lesart etwas dazu sagen.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Beantworten Sie mir lieber die Eingangsfrage dieses Threads! Da kommt es nämlich nur auf Ihre Meinung an.

Ich habe nicht eine feste Meinung, dazu stecke ich erstens nicht tief genug in den Interpretationen drin, und zweitens bin ich sicher kein Anhänger genau einer einzigen Interpretation.

Bzgl. der Kopenhagener sage ich "funktioniert, ist aber bzgl. der Realität völlig inhaltsleer".

Bzgl. der MWI habe ich über Jahre zunächst immer mehr Antworten erhalten, inzwischen wächst eher die Liste der offenen Punkte.

Bzgl. der TI würde ich mich extrem freuen, wenn sie die Versprechen einlösen könnte, allerdings sehe ich – aufgrund ihrer Aussagen – noch erheblichen technischen Klärungsbedarf.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
[Welche Wahrscheinlichkeit bekommt man aus der Kenntnis eines einzigen Matrixelements in Ihrer Argumentation?

Für die minimale Interpretation habe ich das oben hingeschrieben. Für die MWI muss man noch etwas spezifischer werden; ich reiche das nach.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 13. Aug 2024 11:08, insgesamt einmal bearbeitet
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 13. Aug 2024 11:06    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Dazu müsste man wohl einen Überblick über ein Dutzend Interpretationen und alle ihre Varianten geben?
,
Jeder darf zu einer Interpretation und nach seiner Lesart etwas dazu sagen.

Die TI kann nichts dazu sagen, da der ganze Kontext, der dem Matrixelement Sinn geben könnte, fehlt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 11:09    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Dazu müsste man wohl einen Überblick über ein Dutzend Interpretationen und alle ihre Varianten geben?
,
Jeder darf zu einer Interpretation und nach seiner Lesart etwas dazu sagen.

Die TI kann nichts dazu sagen, da der ganze Kontext, der dem Matrixelement Sinn geben könnte, fehlt.

Ja, so hatte ich Sie verstanden.

Wenn ich aber in Lehrbüchern oder anderen Darstellen nichts zum Kontext lese, dann gehe ich davon aus, dass die Autoren unabhängig vom Kontext argumentieren. Das mag nach Ihrer Überzeugung falsch sein – und ich teile Ihre Meinung – aber wenn's halt nicht aufgeschrieben wurde, dürfen wir ihnen den Kontext nicht unterschieben.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 13. Aug 2024 11:24, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 11:20    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Die Wahrscheinlichkeit, dass nach der Präparation von i tatsächlich Messwerte ermittelt werden, die X zugeschrieben werden können, ist größer Null.

Nein. Die minimale statistische Interpretation redet nämlich von Wahrscheinlichkeiten nur in einem ganz konkreten Kontext, der durch die Bornsche Regel gegeben ist.

Da muss es also ein Messinstrument geben, das eine zum von psi_i aufgespannten Unterraum gehörige projektive Messung so exakt realisiert, dass beliebig winzige Wahrscheinlichkeiten noch nicht durch Fehlerquellen verdeckt werden.

Das ist bei willkürlich hergezauberten psi_i in aller Regel nicht der Fall!

Das ist aber ein messtechnisches Problem.

Der Punkt ist folgender: die Mathematik der Quantenmechanik kann zunächst nicht unterscheiden zwischen sinnvollen und nicht sinnvollen Zuständen. Sie kann nicht unterscheiden zwischen messtechnisch erfassbaren und nicht erfassbaren Zuständen.

Es ging mit überhaupt nicht darum, ob ich einen Zustand mathematisch ausreichend präzise definieren und ihm messtechnisch erfassen kann, wie ich das Messgerät konstruiere etc., sondern darum, was eine Interpretation unter der Voraussetzung, dies sei möglich, dann aussagt.

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A.Neumaier
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Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 13. Aug 2024 11:23    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Bzgl. der TI würde ich mich extrem freuen, wenn sie die Versprechen einlösen könnte, allerdings sehe ich – aufgrund ihrer Aussagen – noch erheblichen technischen Klärungsbedarf.

Immerhin ist es die einzige Interpretation, in der man präzise hinschreiben kann, was da zu klären ist.

In den andern Interpretationen sind ja entscheidende Begriffe, die verwendet werden, nicht oder so schwammig definiert, dass man zu jedem nichttrivialen Interpretationsschritt weitere Annahmen machen muss. Was jeder Autor auf seine subjektive Weise macht und zu einer Vielzahl von Interpretationen der Interpretationen führt....
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
[Welche Wahrscheinlichkeit bekommt man aus der Kenntnis eines einzigen Matrixelements in Ihrer Argumentation?

Für die minimale Interpretation habe ich das oben hingeschrieben.

Und ich hatte widersprochen und das begründet! Die minimale Interpretation sagt nicht, was Sie behauptet haben!
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 11:31    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Und ich hatte widersprochen und das begründet! Die minimale Interpretation sagt nicht, was Sie behauptet haben!

Dann gibt es da wohl unterschiedliche Aussagen. Wäre leider auch nicht das erste Mal.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 13. Aug 2024 12:01, insgesamt einmal bearbeitet
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 13. Aug 2024 11:50    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Die Wahrscheinlichkeit, dass nach der Präparation von i tatsächlich Messwerte ermittelt werden, die X zugeschrieben werden können, ist größer Null.

Nein. Die minimale statistische Interpretation redet nämlich von Wahrscheinlichkeiten nur in einem ganz konkreten Kontext, der durch die Bornsche Regel gegeben ist.

Da muss es also ein Messinstrument geben, das eine zum von psi_i aufgespannten Unterraum gehörige projektive Messung so exakt realisiert, dass beliebig winzige Wahrscheinlichkeiten noch nicht durch Fehlerquellen verdeckt werden.

Das ist bei willkürlich hergezauberten psi_i in aller Regel nicht der Fall!

Das ist aber ein messtechnisches Problem.

Der Punkt ist folgender: die Mathematik der Quantenmechanik kann zunächst nicht unterscheiden zwischen sinnvollen und nicht sinnvollen Zuständen.

Deshalb muss die Interpretation diese Unterscheidung leisten.

Die minimale Interpretation tut es nicht. Sie setzt in der Bornschen Regel explizit alles voraus, was man braucht, um sie anwenden zu dürfen!
TomS hat Folgendes geschrieben:

Es ging mit überhaupt nicht darum, ob ich einen Zustand mathematisch ausreichend präzise definieren

Mathematisch ist ein Zustand ja schon dadurch präzise definiert, dass man sagt "Sei psi ein Zustand".
TomS hat Folgendes geschrieben:
was eine Interpretation unter der Voraussetzung, dies sei möglich, dann aussagt.

Die minimale Interpretation sagt in dieser Allgemeinheit nichts darüber aus.

Sie sagt, wenn man ein perfektes Messinstrument hat, das eine durch die selbstadjungiertes A gegebene Observable misst, wobei \psi_i ein Eigenzustand von A der Vielfachheit 1 hat, dann ist i ein möglicher Messwert. Hat man ausserdem eine perfekte Quelle, die beliebig oft den reinen Zustand X produziert, dann ist i ein möglicher Messwert und die Wahrscheinlichkeit, ihn zu messen.

Die Theorie der Statistik sagt dann, dass bei einer Stichprobe der Grösse N der Wert i etwa mit der Häufigkeit N_i=pN gemessen wird, mit einer Standardabweichung sigma, wobei sigma^2=Np(1-p). Damit man mit 3 sigma (95% Konfidenz) p=0 ausschliessen kann, muss also N_i>3 sigma sein, also N>3/p-1. Diese Ungleichung legt also die Gültigkeitsgrenzen der Vorhersage fest.

Sind Messgerät und Quelle nicht perfekt, sondern haben die üblichen Qualitätsstandards, so kommen noch deren Fehlerterme dazu, und selbst beliebig grosse N lassen für genügend kleine p>0 keinen Schluss mit 3 sigma (95% Konfidenz) mehr zu, ein Messergebnis i zu bekommen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 12:13    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Die minimale Interpretation sagt in dieser Allgemeinheit nichts darüber aus.

Sie sagt, wenn man ein perfektes Messinstrument hat, das eine durch die selbstadjungiertes A gegebene Observable misst, wobei \psi_i ein Eigenzustand von A der Vielfachheit 1 hat, dann ist i ein möglicher Messwert. Hat man ausserdem eine perfekte Quelle, die beliebig oft den reinen Zustand X produziert, dann ist i ein möglicher Messwert und die Wahrscheinlichkeit, ihn zu messen.

Haben Sie genau dazu eine Quelle, in der das auch konsistent durchgehalten wird?

Die meisten Lehrbücher führen die Bornsche Regel in ähnlicher Form ein. Später findet man dann "given i, the probability of finding f …" oder "U(t) will cause a transition from an initial to a final quantum state …" etc.

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A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 13. Aug 2024 13:02    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Die minimale Interpretation sagt in dieser Allgemeinheit nichts darüber aus.

Sie sagt, wenn man ein perfektes Messinstrument hat, das eine durch die selbstadjungiertes A gegebene Observable misst, wobei \psi_i ein Eigenzustand von A der Vielfachheit 1 hat, dann ist i ein möglicher Messwert. Hat man ausserdem eine perfekte Quelle, die beliebig oft den reinen Zustand X produziert, dann ist i ein möglicher Messwert und die Wahrscheinlichkeit, ihn zu messen.

Haben Sie genau dazu eine Quelle, in der das auch konsistent durchgehalten wird?

Das klassische Buch von von Neumann 1932.

Ich habe in meiner Formulierung extra Präzision hinzugefügt, um alles glasklar zu machen. Z.B. wird anderswo nigends die Perfektion explizit erwähnt. Aber man braucht sie, denn die Bornsche Regel wie man sie üblicherweise (z.B. 'Born Rule' in der englischen Wikipedia) schreibt, macht experimentell keinen Sinn, wernn die Eigenwerte von A irrational sind, denn man kann irrationale Zahlen nicht messen.

Man muss also die Bornsche Regel als idealisierte Regel sehen, die exakt nur unter der Annahme perfekter Präparation und Messung mit unendlicher Genauigkeit gilt. (Niemand ausser mir scheint dies explizit erwähnt zu haben.)
TomS hat Folgendes geschrieben:

Die meisten Lehrbücher führen die Bornsche Regel in ähnlicher Form ein. Später findet man dann "given i, the probability of finding f …" oder "U(t) will cause a transition from an initial to a final quantum state …" etc.

Letzters is einfach eine laxe Referenz zur gemeinten präzisen Version. Weil die Interpretation in der Praxis eh nie konsistent durchgehalten wird, sondern fast alle Autoren de facto der anything goes (=shut up and calculate) Interpretation anhängen, wo alles als Interpretation zulässig ist, was im konkreten Fall den Bezug zum Experiment herstellt. Die minimale Interpretation dient nur als Feigenblatt.

Konsequenter ist m.E. nur Ballentine in seinem Buch. (In seinem vielzitierten Paper benutzt er aber an manchen Stellen effektiv verborgene Variable, ohne es so zu deklarieren.)
Mister_
Gast





Beitrag Mister_ Verfasst am: 13. Aug 2024 14:11    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe mal eine kurze Zwischenfrage:

Damals hieß es ja im Thread mit TomS, dass diese angeblich abstrusen Fluktuationen durch Vakuumfluktuationen begründet werden. Prof. Neumaier entgegnete, dass die entsprechenden Fluktuationstherme lediglich Rechenwerkzeuge sind und keine Entsprechung in der Realität haben. Soweit korrekt?

Jetzt schrieb TomS, die Wahrscheinlichkeit für fluktuierende Gehirne sei trotzdem nicht null. Wie ist das zu verstehen? Wo sollen die aus dem Nichts auftauchen? Und inwieweit soll alles passieren, wo die Wahrscheinlichkeit nicht Null ist? Ich wüsste nicht, dass extrem unwahrscheinliches schon mal beobachtet wurde. Wäre irgendwie auch unglaubwürdig, wenn die Physik die Existenz von beliebigen Dingen behaupten würde.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 15:23    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Ich habe in meiner Formulierung extra Präzision hinzugefügt, um alles glasklar zu machen ... en nicht messen.

Man muss also die Bornsche Regel als idealisierte Regel sehen, die exakt nur unter der Annahme perfekter Präparation und Messung mit unendlicher Genauigkeit gilt. (Niemand ausser mir scheint dies explizit erwähnt zu haben.)

Na ja, dann reden wir über zwei Dinge, nämlich über die Lehrbuchvariante, und über Ihre verbesserte Variante.

Ich habe schon bewusst über die Lehrbuchvariante geredet. Ich habe nicht gesagt, dass ich diese Ansicht teile (und auch da gibt es im Detail ja nochmal Abweichungen).

Ich habe bei Sakurai nachgesehen. Er führt die Bornsche Regel und den Kollaps wie üblich ein. Er bezieht dann die Bornsche Regel auf die Messung einer Observablen A (ohne zu sagen, dass die Messgröße und die Observable = der selbstadjungierte Operator A zwei völlig verschiedenen Dinge sind) sowie auf die Wahrscheinlichkeit eines Messwertes a.

Nun diskutieren wir hier ja nicht darüber, sondern über die Interpretation eines Übergangsmatrixelementes. Dazu sagt Sakurai zunächst nichts (nach meiner Erinnerung viele Bücher). Wenn ich aber nicht mehr dazu sage, was genau eine messbare Größe und eine Messung ausmachen soll, dann erhalte ich für das Übergangsmatrixelement in den Zustand X formal immer eine geeignete Observable, nämlich den Projektor auf X. Dass in Wirklichkeit etwas ganz anderes gemessen wird, nämlich Ort, Impuls und Energie im Detektor (und das noch dazu nicht beschreibbar mittels des im Lehrbuch eingeführten Formalismus) wird nicht mehr betrachtet.

Einige hundert Seiten weiter hinten steht dann der Satz "given i, the probability of finding f …". Es wird also so getan, als ob der Zustand gemessen wird, nicht eine Observable, aus der man in Teilen auf den Zustand zurückschließen kann. Es wird an der Stelle auch nicht unterschieden zwischen verschiedenen Zuständen (also Ortseigenzustand, asymptotischer Streuzustand welcher Art auch immer). An der Stelle des Zitats geht es um Energieeigenzustände, weiter vorne wird aber für den gesamten Formalismus explizit gesagt, "any state".

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Weil die Interpretation in der Praxis eh nie konsistent durchgehalten wird, sondern fast alle Autoren de facto der anything goes (=shut up and calculate) Interpretation anhängen, wo alles als Interpretation zulässig ist, was im konkreten Fall den Bezug zum Experiment herstellt. Die minimale Interpretation dient nur als Feigenblatt.

Gut zusammengefasst.

Also mein Fehler, dass ich nicht präzisiert habe, was ich mit minimaler Interpretation meine. Shut-up-and-calculate wäre der bessere Begriff gewesen.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 13. Aug 2024 15:30    Titel: Antworten mit Zitat

Mister_ hat Folgendes geschrieben:
Jetzt schrieb TomS, die Wahrscheinlichkeit für fluktuierende Gehirne sei trotzdem nicht null. Wie ist das zu verstehen? Wo sollen die aus dem Nichts auftauchen? Und inwieweit soll alles passieren, wo die Wahrscheinlichkeit nicht Null ist?

Das ist seine persönliche Meinung, die durch experimentelle Befunde nicht gedeckt ist.

Wie oben vorgerechnet kann man experimentell, wenn man N Wiederholungen hat, bestenfalls (d.h., mit idealisierten Messgeräten und Quellen) Voraussagen mit Wahrscheinlichkeit p>1/(N+3) zuverlässig verifizieren. Und selbst das nur, wenn man die entsprechenden Messgeräte und Quellen hat. Das heisst, das alle Vorhersagen mit p<10^{-12} ausserhalb des bislang verifizierten Geltungsbereichs der Quantenmechanik sind.

Man kann glauben oder hoffen, dass die quantenmechanischen Modelle, aus denen man kleinere Wahrscheinlichkeiten hergeleitet hat, auch noch in diesem Bereich gültig bleiben, aber wissen kann man das genausowenig wie Newton wissen konnte, ob seine Mechanik bei sehr hohen Geschwindigkeiten noch gültig ist (was nicht der Fall ist, wie wir heute wissen).
Mister_ hat Folgendes geschrieben:
Ich wüsste nicht, dass extrem unwahrscheinliches schon mal beobachtet wurde.

Andere reden da von Wundern. Empirisch lässt sich das nicht unterscheiden.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 13. Aug 2024 16:16    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich habe schon bewusst über die Lehrbuchvariante geredet.

Die ist zu unpräzise, um da genau sagen zu können, was da gilt.
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich habe bei Sakurai nachgesehen. Er führt die Bornsche Regel und den Kollaps wie üblich ein. Er bezieht dann die Bornsche Regel auf die Messung einer Observablen A sowie auf die Wahrscheinlichkeit eines Messwertes a.

Ja, das ist die Bornsche Regel, wie sie überlall zu finden ist, mehr oder weniger identisch. (Aber oft schlampig formuliert.)

Man muss sich immer an den Quellen mit höchster Qualität orientieren, will man selbst mit hoher Qualität argumentieren. Also an von Neumann 1932, der hier die definitive Formulierung gegeben hat. Sogar Dirac hat seine unpräzise Version aus der ersten Auflage seines Buchs (1930) in der zweiten Auflage (1933, nach Erscheinen des von Neumannschen Buchs korrigiert!
TomS hat Folgendes geschrieben:
Nun diskutieren wir hier ja nicht darüber, sondern über die Interpretation eines Übergangsmatrixelementes.

Doch, wir diskutieren genau darüber. Das ist nämlich der Spezialfall der Bornschen Regel, wo P=psi_i psi_i^* der Projektor auf einen 1-dimensionalen Eigenraum von A ist. Die Wahrscheinlichkeits-Interpretation ist also genau dann durch die minimale Interpretation gedeckt, wenn man ein Messgerät finden kann, wo die gemessenen Werte zu einem Operator A gehören, der einen eindimensionalen Eigenraum hat, der von psi_i aufgespannt wird.

Die Interpretation der S-Matrix-Elemente beruht genau darauf. Sie war nämlich Born's Anlass für die Formulierung seiner Regel, die erst im Lauf von 2 Jahren die heutige allgemeine Form angenommen hat.
TomS hat Folgendes geschrieben:

Dass in Wirklichkeit etwas ganz anderes gemessen wird, nämlich Ort, Impuls und Energie im Detektor (und das noch dazu nicht beschreibbar mittels des im Lehrbuch eingeführten Formalismus) wird nicht mehr betrachtet.

Das wird nie betrachtet. (Ausser in der Bohmschen Mechanik und in der TI, wo das beidesmal essentiell ist, wenn auch aus total verschiedenen Gründen.) Auch klassisch nicht. Wir messen ja auch eine Stromstärke ''in Wirklichkeit'' nicht am Strom, sondern durch Ablesen eines Zeigers.
TomS hat Folgendes geschrieben:
Einige hundert Seiten weiter hinten steht dann der Satz "given i, the probability of finding f …". Es wird also so getan, als ob der Zustand gemessen wird, nicht eine Observable, aus der man in Teilen auf den Zustand zurückschließen kann.

Diese Formulierung ist rein historisch bedingt. Born hat sie in seiner Arbeit benutzt (für ihn waren damals noch Teilchen immer in einem Eigenzustand, den es nur zu ''finden'' gab!) und sie hat sich erhalten, obwohl sie ungenau ist. (So wie - in ganz anderem Kontext - das unselige Gerede von virtuellen Teilchen auch.)

In einem meiner 5 Preprints von 2019 habe ich die Geschichte der Bornschen Regel und ihrer Formulierung genau nachgezeichnet. (Habe dazu sämtliche Arbeiten über Quantenmechanik bis 1930 durchgeackert!)

Man darf also in die Phrasierung der Sätze nicht allzuviel hineininterpretieren. Papier ist geduldig, und solange sich die Ergebnisse irgendwie experimentell korrekt interpretieren lassen, ist ein Physiker in der Regel zufrieden und daher nicht pedantisch genau.
TomS hat Folgendes geschrieben:
An der Stelle des Zitats geht es um Energieeigenzustände, weiter vorne wird aber für den gesamten Formalismus explizit gesagt, "any state".
Wie gesagt, das Zitat ist wörtlich von Born übernommen, für den gleichen Kontext. Die allgemeinere Formulierung stammt nicht von Born, heisst aber trotzdem nach ihm, weil sie seine Formulierung (die nur für A=H gilt) verallgemeinert.
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Weil die Interpretation in der Praxis eh nie konsistent durchgehalten wird, sondern fast alle Autoren de facto der anything goes (=shut up and calculate) Interpretation anhängen, wo alles als Interpretation zulässig ist, was im konkreten Fall den Bezug zum Experiment herstellt. Die minimale Interpretation dient nur als Feigenblatt.

Gut zusammengefasst.

Also mein Fehler, dass ich nicht präzisiert habe, was ich mit minimaler Interpretation meine. Shut-up-and-calculate wäre der bessere Begriff gewesen.

Nein, denn Shut-up-and-calculate sagt gar nichts über die Interpretation von irgend etwas, und überlässt alle Interpretation dem einzelnen Physiker!

Mit Shut-up-and-calculate kann man also Beliebiges behaupten, solange es den Referenten des Papers, in dem die Behauptung steht, plausibel erscheint!

Da wendet man die Bornsche Regel also z.B. mal auf ein Ensemble identisch präparierter und unabhängig gemessener Teilchen an (also die minimale statische Interpretation), mal auf ein einziges Teilchen, das man immer wieder misst (wo man dem Zustand eine objektive, keine statistische Interpretation geben muss, damit das Sinn macht). Hauptsache, man bekommt irgendwie eine Statistik und eine Wahrscheinlichkeit, die sich vergleichen lassen....
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 16:19    Titel: Antworten mit Zitat

Mister_ hat Folgendes geschrieben:
Jetzt schrieb TomS, die Wahrscheinlichkeit für fluktuierende Gehirne sei trotzdem nicht null. Wie ist das zu verstehen? .

Ich habe hoffentlich klargestellt, dass es

a) möglicherweise Übergangsmatrixelemente



gibt, und dass man

b) dazu gelangen könnte, dies als Wahrscheinlichkeit für das tatsächliche Auftreten von X (eines Ereignisses, dem Erscheinen eines Objektes ...) zu interpretieren.

(a) und (b) sind zwei völlig verschiedenen paar Schuhe.

Prof. Neumaier kritisiert daran, dass
erstens oft völlig unzureichende Näherungen verwendet werden; d.h. wir haben oft keine vernünftige Näherung für die mathematische Darstellung von X, für das des Matrixelements etc., so dass wir schon mal gar nicht sagen können, was genau wie zu berechnen ist und ob das gleich Null oder ungleich Null ist (und anderes, was seine TI von anderen Interpretationen unterscheidet);
zweitens die Interpretation des genannten mathematischen Ausdrucks als Wahrscheinlichkeit für das tatsächliche Auftreten von X keineswegs zwingend ist sondern gehörig Kontext voraussetzt, und dass viele Interpretationen der Quantenmechanik dies ignorieren.

Um das abzukürzen: er hat sicher zum großen Teil recht.

Worauf ich aber hinauswill ist folgendes:

Wenn mittels einer gewissen Näherung und innerhalb einer Interpretation der Quantenmechanik das Matrixelement ungleich Null ist und wenn es als Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von X interpretiert wird, dann ist das so! Dann ist das eine Vorhersage, die unter diesen Voraussetzungen folgt. Damit ist das
Mister_ hat Folgendes geschrieben:
Ich wüsste nicht, dass extrem unwahrscheinliches schon mal beobachtet wurde.

kein valider Einwand. Physik weist nicht Dinge zurück, nur weil man sie nicht mag (das war die Vorgehensweise der Inquisition, aber da sind wir drüber weg), sondern Physik versucht, derartige Vorhersagen kritisch zu prüfen, d.h. sind die Annahmen evtl. ungeeignet und durch bessere zu ersetzen, und/oder kann man diese Vorhersagen experimentell ausschließen.

Mister_ hat Folgendes geschrieben:
Wäre irgendwie auch unglaubwürdig, wenn die Physik die Existenz von beliebigen Dingen behaupten würde.

Das tut die Physik nicht, und das habe auch ich nie getan. Es geht nicht um beliebige Dinge, sondern um Dinge, die aus vernünftigen Berechnungen folgen (Prof. Neumaier hat einen Punkt, wenn er die von mir skizzierten Berechnungen diesbzgl. kritisiert).

Ich wollte auf folgendes hinaus: Selbst wenn Physiker die mathematischen Werkzeuge und die Interpretationen so nachschärfen, wie es Prof. Neumaier vorschwebt, werden wir auf längere Sicht nicht in eine Situation gelangen, wo wir für alle Fragestellungen bzgl. des Auftretens irgendeines X den Beweis führen können, dass das entsprechende Matrixelement exakt Null ist; und wir werden es mit Größenordnungen von Wahrscheinlichkeiten zu tun haben, die wir innerhalb des 10^N-fachen Lebensdauer des Universums nicht experimentelle klären können.

Damit bleibt die Restunsicherheit, dass Dinge existieren könnten, die wir nicht mögen. Aber die nackte Tatsache, dass wir sie nicht mögen, ist ohne irgendeine physikalische Relevanz.

Meine Meinung: Weder beweist unsere Aversion deren Nichtexistenz, noch beweist eine unzureichende Näherung deren Existenz. Wir wissen es nicht, und wir werden es vermutlich nie wissen, d.h. ich bin diesbzgl. Agnostiker.
A.Neumaier
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Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 13. Aug 2024 16:40    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Mister_ hat Folgendes geschrieben:
Jetzt schrieb TomS, die Wahrscheinlichkeit für fluktuierende Gehirne sei trotzdem nicht null. Wie ist das zu verstehen? .

Ich habe hoffentlich klargestellt, dass es

a) möglicherweise Übergangsmatrixelemente



gibt, und dass man

b) dazu gelangen könnte, dies als Wahrscheinlichkeit für das tatsächliche Auftreten von X (eines Ereignisses, dem Erscheinen eines Objektes ...) zu interpretieren.

(a) und (b) sind zwei völlig verschiedenen paar Schuhe.

Selbst wenn man (a) und (b) als richtig annimmt, folgt daraus nur, dass das Ereignis auftreten könnte, aber nicht, dass es auftreten muss! Der Konjunktiv macht einen entscheidenden Unterschied!

Aber (b) macht keinen Sinn, denn ein makroskopisches Objekt X hat eine positive Temperatur, und ist daher nie in einem reinen Zustand!
TomS hat Folgendes geschrieben:
Worauf ich aber hinauswill ist folgendes:

Wenn mittels einer gewissen Näherung und innerhalb einer Interpretation der Quantenmechanik das Matrixelement ungleich Null ist und wenn es als Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von X interpretiert wird, dann ist das so!

Dann ist das so - aber nicht in Wirklichkeit, sondern nur aus der Sicht des Interpreten.
TomS hat Folgendes geschrieben:
Dann ist das eine Vorhersage, die unter diesen Voraussetzungen folgt.

Das schon. Aber wenn der Interpret bloss spekuliert, gibt es keinerlei Grund, warum sich die Natur an seine Vorhersagen halten sollte, und die Vorhersage wird einfach falsch sein, oder nur zufällig richtig. (Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn....)

Falsche Vorhersagen von unvorsichtigen Propheten gibt es wie Sand am Meer.
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich wollte auf folgendes hinaus: Selbst wenn Physiker die mathematischen Werkzeuge und die Interpretationen so nachschärfen, wie es Prof. Neumaier vorschwebt, werden wir auf längere Sicht nicht in eine Situation gelangen, wo wir für alle Fragestellungen bzgl. des Auftretens irgendeines X den Beweis führen können, dass das entsprechende Matrixelement exakt Null ist; und wir werden es mit Größenordnungen von Wahrscheinlichkeiten zu tun haben, die wir innerhalb des 10^N-fachen Lebensdauer des Universums nicht experimentelle klären können.

Damit bleibt die Restunsicherheit, dass Dinge existieren könnten, die wir nicht mögen. [...] Wir wissen es nicht, und wir werden es vermutlich nie wissen.

Und deshalb sollte man bei solchen Spekulationen immer den Konjunktiv verwenden. Wofür gibt es denn diesen?!
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 16:57    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Damit bleibt die Restunsicherheit, dass Dinge existieren könnten, die wir nicht mögen. [...] Wir wissen es nicht, und wir werden es vermutlich nie wissen.

Und deshalb sollte man bei solchen Spekulationen immer den Konjunktiv verwenden. Wofür gibt es denn diesen?!

Ok, ich denke, wir sind uns da einig.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Mister_ hat Folgendes geschrieben:
Jetzt schrieb TomS, die Wahrscheinlichkeit für fluktuierende Gehirne sei trotzdem nicht null. Wie ist das zu verstehen? .

Ich habe hoffentlich klargestellt, dass es

a) möglicherweise Übergangsmatrixelemente



gibt, und dass man

b) dazu gelangen könnte, dies als Wahrscheinlichkeit für das tatsächliche Auftreten von X (eines Ereignisses, dem Erscheinen eines Objektes ...) zu interpretieren.

(a) und (b) sind zwei völlig verschiedenen paar Schuhe.

Selbst wenn man (a) und (b) als richtig annimmt, folgt daraus nur, dass das Ereignis auftreten könnte, aber nicht, dass es auftreten muss! Der Konjunktiv macht einen entscheidenden Unterschied!

Aber es folgt eben auch nur, dass das Ereignis möglicherweise nicht auftreten wird, jedoch nicht, dass es sicher nicht auftritt.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 17:57    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber (b) macht keinen Sinn, denn ein makroskopisches Objekt X hat eine positive Temperatur, und ist daher nie in einem reinen Zustand!

Diesen Einwand habe ich erwartet.

Können wir das dann geeignet umformulieren?

Nehmen wir an, wir hätten eine Observable X, die das Vorliegen eines Ereignisses anzeigt. Dann wäre



zu berechnen.

Natürlich wird das technisch nicht einfacher, aber prinzipiell geht die Argumentation doch in ähnlicher Form durch. Oder nicht?

Ein Beispiel wäre ein Gas. Ein unwahrscheinliches Ereignis X wäre, dass nur Zustände besetzt sind, deren Energien deutlich oberhalb einer Mindestenergie liegen. Man definiert also einen Projektor auf Zustände



Die resultierende Wahrscheinlichkeit ist für beliebig hohe Mindestenergien größer Null.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
A.Neumaier
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Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 13. Aug 2024 19:32    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber (b) macht keinen Sinn, denn ein makroskopisches Objekt X hat eine positive Temperatur, und ist daher nie in einem reinen Zustand!

Diesen Einwand habe ich erwartet.

Können wir das dann geeignet umformulieren?

Nehmen wir an, wir hätten eine Observable X, die das Vorliegen eines Ereignisses anzeigt. Dann wäre



zu berechnen.

Natürlich wird das technisch nicht einfacher, aber prinzipiell geht die Argumentation doch in ähnlicher Form durch. Oder nicht?

Ein Beispiel wäre ein ideales Gas in einem Volumen V. Ein unwahrscheinliches Ereignis X wäre, dass die Energie die mittlere Energie deutlich übersteigt. Man definiert also einen Projektor P auf Zustände mit einer gewissen Mindestenergie



Das liefert die Wahrscheinlichkeit, dass das Gas mindestens diese Energie hat. Diese ist für beliebig hohe Mindestenergie größer Null.

Allgemein, wenn man ein Messinstrument finden kann, das einen Projektor X misst, und den Zustand rho beliebig oft präparieren kann, so ist Ihr Ausdruck die Wahrscheinlichkeit dafür, eine 1 zu bekommen (statt 0).

Für das Gas stimme ich also zu.

Aber was sollte der Projektor X dafür sein, irgendwo im Universum (ausserhalb unseres Sonnensystems) eine Fussballmannschaft - oder auch nur ein makroskopisches physikalisches Objekt, z.B. eine kleine Eisenkugel - vorzufinden?

Die Eisenkugel wird ja durch einen Zustand im thermischen Gleichgewicht und nicht durch eine Observable beschrieben!

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aber es folgt eben auch nur, dass das Ereignis möglicherweise nicht auftreten wird, jedoch nicht, dass es sicher nicht auftritt.

Also wissen wir nur dass das Ereignis möglicherweise irgenwann auftritt, oder auch nicht. Mit andern Worten, wir wissen nur eine Tautologie ohne jeglichen Informationsgehalt.

Warum diese Trivialität dann so bombastisch verkaufen, wie Sie es in dem andern Thread (und dazu noch ohne Konjunktiv!) getan haben? Das ist doch irreführend!
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 13. Aug 2024 19:39    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Das liefert die Wahrscheinlichkeit, dass das Gas mindestens diese Energie hat. Diese ist für beliebig hohe Mindestenergie größer Null.

Aber so winzig, dass mein obiges Argument, also N>3/p-1 bzw p>3/(N+1), zeigt, dass das experimentell nichts bedeutet.

Und in der makroskopischen Physik geht man davon aus, dass die Messung einer viel zu grossen Energie gar nicht passiert. Sollte man so etwas beobachten, würde man die Ursache in iner unsachgemässen Messung oder einem übersehenen Einfluss der Umgebung zuschreiben. Jedenfalls nicht als die grosse wissenschaftliche Sensation des Jahres betrachten - keine wissenschaftliche Zeitschrift würde das annehmen![/b]
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 20:47    Titel: Antworten mit Zitat

Lieber Herr Professor Neumaier, können wir bitte die Diskussion über Fußballmannschaften etc. beenden?!

Ja, ich habe das teilweise unglücklich formuliert, und ja, meine Ansätze taugten wenig. Nur zur Erinnerung, es ging an keiner Stelle darum, die Existenz derartiger Artefakte lückenlos zu beweisen, es ging darum, dass aus einer etablierten Theorie quantitative Vorhersagen folgen können, die weit jenseits jeglicher praktischer experimenteller Überprüfung liegen, was die Theorie selbst jedoch nicht entwertet. Hätten Sie selbst ein solides quantenmechanisches Modell, das es erlaubt, das Tunneln eines Steins durch die Wand präzise zu berechnen, so wäre Ihr Ergebnis ebensowenig überprüfbar.

Für unpräzise Formulierungen entschuldige ich mich, aber damit lassen wir es jetzt bitte gut sein.

Zu Ihrer Aussage bezüglich des Gases später mehr.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 13. Aug 2024 21:37, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 21:17    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Aber (b) macht keinen Sinn, denn ein makroskopisches Objekt X hat eine positive Temperatur, und ist daher nie in einem reinen Zustand!

Diesen Einwand habe ich erwartet.

Können wir das dann geeignet umformulieren?

Nehmen wir an, wir hätten eine Observable X, die das Vorliegen eines Ereignisses anzeigt. Dann wäre



zu berechnen.

Natürlich wird das technisch nicht einfacher, aber prinzipiell geht die Argumentation doch in ähnlicher Form durch. Oder nicht?

Ein Beispiel wäre ein ideales Gas in einem Volumen V. Ein unwahrscheinliches Ereignis X wäre, dass die Energie die mittlere Energie deutlich übersteigt. Man definiert also einen Projektor P auf Zustände mit einer gewissen Mindestenergie



Das liefert die Wahrscheinlichkeit, dass das Gas mindestens diese Energie hat. Diese ist für beliebig hohe Mindestenergie größer Null.

Allgemein, wenn man ein Messinstrument finden kann, das einen Projektor X misst, und den Zustand rho beliebig oft präparieren kann, so ist Ihr Ausdruck die Wahrscheinlichkeit dafür, eine 1 zu bekommen (statt 0).

Das verstehe ich nicht.

Es ist das Wahrscheinlichkeitsmaß für X. Stimmt die untere Grenze mit dem Grundzustand überein, ist das Ergebnis Eins; geht die gegen unendlich, geht das Ergebnis gegen Null.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Für das Gas stimme ich also zu.

Danke. Das war der Sinn der Sache.

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 21:34    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Das liefert die Wahrscheinlichkeit, dass das Gas mindestens diese Energie hat. Diese ist für beliebig hohe Mindestenergie größer Null.

Aber so winzig, dass mein obiges Argument, also N>3/p-1 bzw p>3/(N+1), zeigt, dass das experimentell nichts bedeutet.

Ich rede von der Interpretation einer Formel.

Der Gehalt einen Formel für die Halbwertszeit für den Protonenzerfall ändert sich nicht, wenn diese Halbwertszeit in einer bestimmten GUT plötzlich um einige Zehnerpotenzen größer oder kleiner wird. Was sich ändert ist im wesentlichen die Entscheidung, das Experiment zu bauen.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Und in der makroskopischen Physik geht man davon aus, dass die Messung einer viel zu grossen Energie gar nicht passiert.

Ja.

Das ist aber der Formel egal. Gibt es eine untere Grenze für die Energie, bis zu der sie die Formel glauben, und ab der sie sie nicht mehr glauben? (jetzt mal vorausgesetzt, wir rechnen korrekt relativistisch etc.) Glauben Sie beim Lotto die Formeln für 6 aus 49, aber nicht mehr die für 6000 aus 49000?

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Sollte man so etwas beobachten, würde man die Ursache in iner unsachgemässen Messung oder einem übersehenen Einfluss der Umgebung zuschreiben.

Möglich.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Jedenfalls nicht als die grosse wissenschaftliche Sensation des Jahres betrachten - keine wissenschaftliche Zeitschrift würde das annehmen![/b]

Möglich.

Hätten Sie ein genügend großes Gasvolumen mit genügend vielen und schnellen Messgeräten – siehe Protonenzerfall – würde das evtl. anders aussehen, obwohl sich die Formel nicht geändert hat.

Natürlich schaut niemand auf die Theorie alleine. Aber die Aussage einer Formel zur Berechnung einer Wahrscheinlichkeit ändert sich nicht dann, wenn diese Wahrscheinlichkeit abhängig von einem Parameter immer kleiner wird. Sie Anwendbarkeit der Formel ändert sich, ihre praktische Relevanz, ihre Überprüfbarkeit, die im Experiment zu realisierenden Randbedingungen (Methode, Konstruktion, Präparation, Durchführung, Wiederholungen …), Erreichbarkeit von 5-sigma … aber nicht die nackte Aussage der Formel.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 13. Aug 2024 21:46, insgesamt 2-mal bearbeitet
Mister_X
Gast





Beitrag Mister_X Verfasst am: 13. Aug 2024 21:38    Titel: Antworten mit Zitat

Bitte kein Streit, dass wäre doch sehr schade!

Zitat:

Ich habe hoffentlich klargestellt, dass es

a) möglicherweise Übergangsmatrixelemente



gibt, und dass man

b) dazu gelangen könnte, dies als Wahrscheinlichkeit für das tatsächliche Auftreten von X (eines Ereignisses, dem Erscheinen eines Objektes ...) zu interpretieren.

(a) und (b) sind zwei völlig verschiedenen paar Schuhe.

Prof. Neumaier kritisiert daran, dass
erstens oft völlig unzureichende Näherungen verwendet werden; d.h. wir haben oft keine vernünftige Näherung für die mathematische Darstellung von X, für das des Matrixelements etc., so dass wir schon mal gar nicht sagen können, was genau wie zu berechnen ist und ob das gleich Null oder ungleich Null ist (und anderes, was seine TI von anderen Interpretationen unterscheidet);
zweitens die Interpretation des genannten mathematischen Ausdrucks als Wahrscheinlichkeit für das tatsächliche Auftreten von X keineswegs zwingend ist sondern gehörig Kontext voraussetzt, und dass viele Interpretationen der Quantenmechanik dies ignorieren
Zitat:



Verstehe ich es richtig, dass es Interpretationssache ist, ob aus dem mathematischen Ausdruck wirklich was reales entspringen kann bzw. was man allgemein daraus ableiten kann?

Ich dachte eigentlich, dass die realen Messgrößen und Phänomene unabhängig von Interpretationen sind.

Damals hatte ich auch einen Haken an die Sache gesetzt, als Prof. Neumaier schrieb, dass die entsprechenden Therme der Vakuumfluktuationen Rechenwerkzeuge ohne Entsprechung in der Realität sind (und das Vakuum leer ist; im Gegensatz zu den ganzen populärwissenschaftl. Darstellungen). Deshalb verwirrt mich das nun.

Und ich will mir auch nicht die Welt in der Physik so zurecht legen, wie sie mir gefällt. Allerdings werde ich immer hellhörig und kritisch, wenn Dinge behauptet oder abgeleitet werden, die nicht testbar sind bzw noch kein Mensch der Welt beobachtet hat.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 13. Aug 2024 21:48    Titel: Antworten mit Zitat

Danke.

Nein, ich will wirklich keinen Streit, dazu halte ich die Expertise von Prof. Neumaier für viel zu wertvoll.

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Mister_X
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Beitrag Mister_X Verfasst am: 13. Aug 2024 23:24    Titel: Antworten mit Zitat

Okay, dann bin ich ja beruhigt!

Leider sind meine Anmerkungen/Fragen eben als Zitat verschwunden, ich stelle es nochmal ein:

Zitat:


Ich habe hoffentlich klargestellt, dass es

a) möglicherweise Übergangsmatrixelemente



gibt, und dass man

b) dazu gelangen könnte, dies als Wahrscheinlichkeit für das tatsächliche Auftreten von X (eines Ereignisses, dem Erscheinen eines Objektes ...) zu interpretieren.

(a) und (b) sind zwei völlig verschiedenen paar Schuhe.

Prof. Neumaier kritisiert daran, dass
erstens oft völlig unzureichende Näherungen verwendet werden; d.h. wir haben oft keine vernünftige Näherung für die mathematische Darstellung von X, für das des Matrixelements etc., so dass wir schon mal gar nicht sagen können, was genau wie zu berechnen ist und ob das gleich Null oder ungleich Null ist (und anderes, was seine TI von anderen Interpretationen unterscheidet);
zweitens die Interpretation des genannten mathematischen Ausdrucks als Wahrscheinlichkeit für das tatsächliche Auftreten von X keineswegs zwingend ist sondern gehörig Kontext voraussetzt, und dass viele Interpretationen der Quantenmechanik dies ignorieren.



Verstehe ich es richtig, dass es Interpretationssache ist, ob aus dem mathematischen Ausdruck wirklich was reales entspringen kann bzw. was man allgemein daraus ableiten kann?

Ich dachte eigentlich, dass die realen Messgrößen und Phänomene unabhängig von Interpretationen sind.

Damals hatte ich auch einen Haken an die Sache gesetzt, als Prof. Neumaier schrieb, dass die entsprechenden Therme der Vakuumfluktuationen Rechenwerkzeuge ohne Entsprechung in der Realität sind (und das Vakuum leer ist; im Gegensatz zu den ganzen populärwissenschaftl. Darstellungen). Deshalb verwirrt mich das nun.

Und ich will mir auch nicht die Welt in der Physik so zurecht legen, wie sie mir gefällt. Allerdings werde ich immer hellhörig und kritisch, wenn Dinge behauptet oder abgeleitet werden, die nicht testbar sind bzw noch kein Mensch der Welt beobachtet hat.[/quote]
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 14. Aug 2024 07:03    Titel: Antworten mit Zitat

Vergessen wir mal den Begriff der Vakuumfluktuationen.

Das ist ein Name für gewisse mathematisch Terme. Diese Terme gehen – wenn auch sehr indirekt – in die Berechnung physikalisch messbarer Größen ein.

Sie letzte Diskussion kreiste um die Frage, ob jedes Matrixelement auch eine physikalische Bedeutung hat und insbs. eine messbare Größe bezeichnet. Herr Prof. Neumaier meint, dass nein, denn dazu müsse erst im Gesamtkontext geklärt sein, was eine Messung ist und ob bzw. wie eine gewisse Größe gemessen werden kann; da hat er natürlich einen Punkt.

Der Kern des Problems ist evtl. der Begriff der Observablen:
Zitat:
Eine Observable (lateinisch observabilis ‚beobachtbar‘) ist in der Physik, insbesondere der Quantenphysik, der formale Name für eine Messgröße und den ihr zugeordneten Operator … Beispiele sind die Energie, die Ortskoordinaten, die Koordinaten des Impulses und die Komponenten des Spins eines Teilchens … Im traditionellen von-Neumannschen Formalismus der Quantenmechanik werden Observable durch selbstadjungierte, lineare Operatoren A dargestellt. Das Ergebnis einer Messung der Observablen A eines quantenmechanischen Systems, dessen Zustand durch einen normierten Vektor beschrieben wird …

Das Problem ist das und. Eine beobachtbare Größe wird durch einen Operator dargestellt. Damit ist die beobachtbare Größe das, was gemessen wird – wie auch immer – der Operator eine rein mathematische Größe, die natürlich nicht gemessen wird, und die nicht einmal den Prozess der Messung beschreibt.

Ich denke, dass in vielen Darstellungen sprachlich nicht unterschieden wird, ist ein Teil des Problems.

Grob gesprochen, für jede Messgröße benötige nach von Neumann einen zugehörigen selbststadjungierten Operator, um gewisse Dinge zur Messung zu berechnen. Aber nicht jeder selbststadjungierte Operator beschreibt eine Messgröße, denn dazu gehört neben der mathematischen Beschreibung eben auch die Frage, ob und wie ich eine Messung praktisch realisieren kann.

Durch das und wird ein Zusammenhang suggeriert, zu dem die meisten Darstellungen der QM nichts sagen.

Meine o.g. Argumentation war einfach, dass nach diesen oft verwendeten rein mathematischen Regeln der Quantenmechanik jeder selbstadjungierte Operator prinzipiell eine Messgröße repräsentiert, und dass jedes Matrixelement der von mir diskutierten Form eine Übergangswahrscheinlichkeit von einem präparierten Zustand in einen beliebigen anderen Zustand X beschreibt.

Professor Neumaier kritisiert dies, und arbeitet daran, dies zu konkretisieren und zu verbessern. Stattgegeben. Aber gemäß vieler Darstellungen – es sind sind die seinigen – ist das eben so.



Dann ging es nochmal um die Wahrscheinlichkeiten.

Am Beispiel des Gases: Für eine bestimmte Temperatur erhält man eine bestimmte mittlere kinetische Energie. Mittels des Operators X kann ich nun die Wahrscheinlichkeit berechnen, dass bestimmte Energieniveaus beitragen. Es zeigt sich, dass die Wahrscheinlichkeit, dass beliebig hohe Energieniveaus beitragen, immer ungleich Null ist. Habe ich ein Gas bestehend aus N Teilchen und mit der mittleren Energie E je Teilchen, so kann ich die Wahrscheinlichkeit p dafür berechnen, dass Zustände im Gas beitragen, deren Energie viel höher liegt als N * E. Mit anderen Worten, die Wahrscheinlichkeit, eine beliebig hohe Energie zu messen, ist immer größer Null. Diese Wahrscheinlichkeit p ist winzig klein, aber wenn ich nur genügend oft messe, ist die Wahrscheinlichkeit, mindestens einmal eine derartige Energie zu messen, beliebig nahe bei Eins. Das ist das, was die nackte Mathematik sagt. Daran ändert m.E. auch die Tatsache nichts, dass das praktisch nicht realisierbar ist.

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A.Neumaier
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Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 14. Aug 2024 09:43    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Der Gehalt einen Formel für die Halbwertszeit für den Protonenzerfall ändert sich nicht, wenn diese Halbwertszeit in einer bestimmten GUT plötzlich um einige Zehnerpotenzen größer oder kleiner wird. Was sich ändert ist im wesentlichen die Entscheidung, das Experiment zu bauen.

... und die Frage, ob die Formel unten den extrem anderen Umständen die Realität noch modelliert. Der Gehalt der Formeln der Newtonschen Mechanik ist derselbe, unabhängig von der Grösse der Geschwindigkeiten, aber das Newtonsche Modell ist irgendwann über siene Grenzen strapaziert.
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Und in der makroskopischen Physik geht man davon aus, dass die Messung einer viel zu grossen Energie gar nicht passiert.

Das ist aber der Formel egal. Gibt es eine untere Grenze für die Energie, bis zu der sie die Formel glauben, und ab der sie sie nicht mehr glauben? (jetzt mal vorausgesetzt, wir rechnen korrekt relativistisch etc.)

Ja, nämlich die Grössenordnung der Energien, in denen bisherige Experimente die Zuverlässigkeit der Formel belegen. Darüúber hinaus kann ich hoffen, dass die Formel noch gilt, oder dass sie falsch ist (je nach meinen Absichten), aber glauben tu ich in dort weder das einen noch das andere, sondern stelle mein Urteil zurück.
TomS hat Folgendes geschrieben:
Glauben Sie beim Lotto die Formeln für 6 aus 49, aber nicht mehr die für 6000 aus 49000?

Ja. Das erstere glaube ich, weil ich immer wieder glaubwürdige Berichte über Leute lese, die den Lotto-Sechser gewonnen haben. Letzterem bezweifle ich, ob die Lottozahlenquelle hinreichend gut kalibriert ist und sichergestellt ist, dass alle Gewinnzahlen drin sind und nirgends festhängen....
TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Sollte man so etwas beobachten, würde man die Ursache in einer unsachgemässen Messung oder einem übersehenen Einfluss der Umgebung zuschreiben.

Möglich.

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Jedenfalls nicht als die grosse wissenschaftliche Sensation des Jahres betrachten - keine wissenschaftliche Zeitschrift würde das annehmen![/b]

Möglich.

Hätten Sie ein genügend großes Gasvolumen mit genügend vielen und schnellen Messgeräten – siehe Protonenzerfall – würde das evtl. anders aussehen, obwohl sich die Formel nicht geändert hat.

Die Formel nicht, aber die Frage, ob sie noch zuverlässig ist!
A.Neumaier
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Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 14. Aug 2024 09:54    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Diese Wahrscheinlichkeit p ist winzig klein, aber wenn ich nur genügend oft messe, ist die Wahrscheinlichkeit, mindestens einmal eine derartige Energie zu messen, beliebig nahe bei Eins. Das ist das, was die nackte Mathematik sagt.

Nein. Die nackte Mathematik sagt nur, dass die theoretische Wahrscheinlichkeit bei 1 ist. Um daraus etwas über Messungen zu folgern, muss man sie mit einer Interpretation bekleiden.

Und dann hakt die Sache daran, ob die Interpretation im Kontext von realen Messungen bei diesen irrwitzigen verlangten Genauigkeiten und Wiederholungen noch irgend etwas mit der Realität zu tun hat.

Ich kenne niemanden, der bei einem Qubit eine Observable, deren zugehöriger Operator (2x2-matrix) das charakteristische Polynom x^2-2 hat, gemessen hat und exakt einen der beiden (irrationalen) Eigenwerte als Ergebnis bekommen hat. Offensichtlich ist die klassische Formulierung der Bornschen Regel also eine nicht immer geltende Idealisierung.
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