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Viele fiktive Welten - Seite 6
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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 01. Jun 2024 19:43    Titel: Antworten mit Zitat

377 Ohm hat Folgendes geschrieben:
Stimmt. Denkgewohnheit wäre vielleicht ein besseres Wort. Aber auch Denkgewohnheiten … können in eine Sackgasse führen.

Natürlich kann die MWI eine Sackgasse sein; das bestreite ich nicht.

Ich sehe halt einige sinnvolle Aspekte: 1. sie hat den Anspruch, für ein einzelnes System ontisch zu sein (den hat die TI auch); 2. sie eliminiert die Postulate um den Messprozess und macht ihn zum Gegenstand der Untersuchung (auch das tut die TI).

1. und/oder 2. können falsch sein; die MWI und/oder die TI können Sackgassen sein; egal wie, in allen Fällen lernt man etwas daraus.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 01. Jun 2024 19:46    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Heißt das, roh_D wirkt nur auf Detektorzutände und roh_S nur auf Systemzustände …

Ja.

Aruna hat Folgendes geschrieben:
…und ohne Zustände auf das ich die Dichteoperatoren wirken lasse, kann ich das Tensorprodukt nicht ausmultiplizieren?

Nein. Du kannst das Tensorprodukt einfach so stehen lassen.

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Aruna



Anmeldungsdatum: 28.07.2021
Beiträge: 916

Beitrag Aruna Verfasst am: 01. Jun 2024 20:04    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Bei 2. ist mir nicht klar, worauf ihr beide hinauswolltet.


Keine Ahnung, worauf Freizeitphysiker hinauswollte, mir geht es darum, Folgendes zu verstehen:

TomS hat Folgendes geschrieben:

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
usw. Später folgender Zusatz (meine Hervorhebung)

Zitat:
It is crucial to note that in neither case - not in electromagnetism, nor in quantum theory - the presence of mutiplicity follows merely from linearity. Indeed that way lies contradiction [...] adding together two states with certain structure might cause those structure to overlap and cancel out. [...] the technical term for this 'cancelling out' is [...] interference


Der Zusatz bedeutet die überlagerten Zustände dürfen in der reduzierten Dichtematrix nicht interferieren. Es muss sich also um eine dekohräente Matrix handeln, ansonsten ist es unzulässig von Multiplizität (mehreren Welten) zu reden. Dieses Argument ist, bis auf die ganzen verbalen Erläuterungen, vollkommen isomorph zu meinem, inklusive der Voraussetzung, dass die reduzierte Dichtematrix ein Gemisch sein muss. Offensichtlich wird es also ernst genommen (wenn auch nicht von mir).

Das verstehe ich anderes.

Erstens verwendet Wallace explizit keine reduzierte Dichtematrix, weil dies für das Argument nicht relevant ist. Zweitens sagt Wallace nur, dass aus zwei Komponenten nur dann Multiplizität folgt, wenn diese zwei Komponenten nicht destruktiv interferieren; das ist letztlich eine triviale Aussage, die in der Quantenmechanik ganz allgemein gilt (Photon nach einem Strahlteiler u.ä.). Damit ist es gerade keine Voraussetzung, dass die reduzierte Dichtematrix ein Gemisch ist; Voraussetzung für Multiplizität ist, dass die beiden Komponenten im reinen Zustand, den Wallace verwendet, nicht destruktiv interferieren.

Letztlich ist es ganz einfach: die Dekohärenz liefert eine preferred Basis; der reine Zustand nach Messung wird gem. dieser preferred Basis zerlegt; beide (oder im allgemeinen alle N) Komponenten sind aufgrund der Dekohärenz in sehr guter Näherung orthogonal und können daher gar nicht destruktiv interferieren; die Vorfaktoren alpha und beta bleiben als Amplituden der Komponenten erhalten. Damit gilt offenbar "applying … the same general principle of functionalism, the state represents a system containing both a dead cat, and a live cat. Superposition has become multiplicity …" End of story.


Da frage ich mich, was man hier unter interferieren insbesondere destruktiv interferieren versteht.

Mein bisheriges Verständnis:
die (nicht reduzierte) Dichtematrix eines kohärenten Superposistionszustandes (z.B. ein Atom im Zustand zerfallen und nichtzerfallen) hat nicht verschwindende Nichtdiagonalelemente (=Interferenzterme?), bei denen beide Komponenten gemischt sind.
Wenn dieser Zustand dann mit einem anderen Zustand (Messgerät oder Katze) verschränkt wird, hat auch die Dichtematrix des verschränkten Zustands nicht verschwindende Nichtdiagonalelemente, z.B.



erst wenn man man die Katze auspurt, und dabei die Orthogonalität



verwendet, verschwinden die Nichtdiagonalelemente in der reduzierten Dichtematrix und man erhält ein Gemisch aus einem intakten Atom und einem zerfallenen Atom, das man z.B. als statistisches Ensemble der möglichen Messergebnisse interpretieren kann.
Das Ausspuren ist allerdings ja etwas, was ich im lokalen Zeig mache, und das liefert das, was ich lokal beobachte...
Global müssten die Interferenzterme allerdings noch vorhanden sein?
Oder ist mit Interferenz hier etwas anderes gemeint?


Zuletzt bearbeitet von Aruna am 01. Jun 2024 22:54, insgesamt 2-mal bearbeitet
TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 01. Jun 2024 21:23    Titel: Antworten mit Zitat

Unabhängig von technischen Fragen wie reinem Zustand vs. reduzierter Dichtematrix will freizeitphysiker darauf hinaus, dass Linearität und damit Superposition nicht ausreichend für Multiplizität sind.

Wenn eine Superposition



Multiplizität repräsentieren soll, dann dürfen beide Zustände rechts nicht destruktiv interferieren. Dass sie das nicht tun, ist gemäß Dekohärenz durch Orthogonalität sichergestellt.


Die Verwendung der reduzierten Dichtematrix zeigt diese Orthogonalität, erzeugt sie jedoch nicht.

Die Verwendung der Begriffe "statistisches Gemisch" oder "Ensemble" ist irreführend, da diese in einem bestimmten Kontext eben die Bedeutung eines Ensembles von Systemen haben. In der MWI entspricht die Struktur der reduzierten Dichtematrix zwar mathematisch der eines Ensembles, bedeutet jedoch weder, dass ein solches vorliegt, noch, dass man irgendetwas stochastisch interpretieren müsse.

Zeh klärt hier einige Missverständnisse auf:

https://www.thp.uni-koeln.de/gravitation/zeh/KarlsruheText.pdf

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Freizeitphysiker
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Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 01. Jun 2024 22:19    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Unabhängig von technischen Fragen wie reinem Zustand vs. reduzierter Dichtematrix will freizeitphysiker darauf hinaus, dass Linearität und damit Superposition nicht ausreichend für Multiplizität sind.

Wenn eine Superposition



Multiplizität repräsentieren soll, dann dürfen beide Zustände rechts nicht destruktiv interferieren. Dass sie das nicht tun, ist gemäß Dekohärenz durch Orthogonalität sichergestellt.


Deine Superposition interferiert immer, es sei denn es besteht eine Superauswahlregel zwischen den beiden Komponenten, d.h. die Nichtdiagonalelemente aller Observablen verschwinden . (Von diesem Fall redet hier selbstverständlich keiner.)

Ansonsten ist nur das Gemisch interferenzfrei, in welchem die Nichtdiagonalemente der Dichtematrix verschwinden. Damit verschwinden nämlich auch alle Interferenzterme (Mischterme) in



für jede Observable A.

Durch Dekohärenz werden nur die Umgebungszustände orthogonal und genau deswegen verschwinden die Nichtdiagonalelemente der reduzierten Dichtematrix (also ohne Umgebung). In diesem Fall kann man Interferenz nur noch mit "nichtlokalen" Observablen beobachten, die sich auch auf die Umgebung beziehen. (Da man dies normalerweise nicht kann, ist sie praktisch unbeobachtbar.) Deswegen wäre sie an dem System aus Katze und Isotop unbeobachtbar. Und gerade wegen der Verschränkung des Systems Katze+Isotop mit seiner Umgebung kann man ihm auch keinen reinen Zustand mehr zuordnen. Spätestens wenn die Dekohärenz mir der Katze fertig ist, ist sie in einem Gemisch.

Genau diesen Zusammenhang hast Du selbst auf der ersten Seite in Formeln ausgedrückt. physikerboard.de/ptopic,398453.html#398453
(Du benutzt sogar das Wort "Zweige" für die Diagonalkomponenten der reduzierten Dichtematrix.) Etwas anderes als Du dort schreibst, habe ich hier nirgendwo behauptet. Aber in dem Zitat, auf das sich Aruna bezieht sagst Du anscheinend was anderes.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 01. Jun 2024 23:03    Titel: Antworten mit Zitat

Kannst du mir bitte mal in Formeln aufschreiben, inwiefern zwei orthogonale immer Zustände interferieren, die entsprechenden Projektoren in der Dichtematrix jedoch nicht? Ich verstehe nicht, worüber wir da überhaupt noch diskutieren.
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Jakito



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Beitrag Jakito Verfasst am: 02. Jun 2024 02:08    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Jakito hat Folgendes geschrieben:
Nothing happens in the Universe of the Everett Interpretation von Jan-Markus Schwindt erklärt es gut.

Ich halte das Argument für falsch, habe aber noch keine Erwiderung eines Experten gefunden.

Es gibt sowohl von David Wallace (müsste ich erst wieder raussuchen), als auch von Lev Vaidman eine Erwiderung:
Lev Vaidman hat Folgendes geschrieben:
Singling out position as a preferred variable for solving the preferred basis problem might be considered as a weakness, but on the other hand, it is implausible that out of a mathematical theory of vectors in Hilbert space one can derive what our world should be. (So it is not surprising that Schwindt 2012 could not do it.) We have to add some ingredients to our theory and adding locality, the property of all known physical interactions, seems to be very natural.

(Die Erwiderung von David Wallace war weniger erhellend, aber bezeichnete das Argument ebenfalls nicht als falsch, sondern nur als trivial/offensichtlich/längst addressiert.)

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die MWI enthält je betrachtetem Modell immer eine zusätzliche Struktur, nämlich den Hamiltonoperator und dessen Bestandteile, also insbs. eine Produktstruktur des Hilbertraumes entsprechend der betrachteten Freiheitsgrade.

Den Hamiltonoperator sehe ich. Was mit dessen Bestandteilen gemeint ist, sehe ich nicht. (Vielleicht sind die einzelnen Summanden gemeint, also die Summe der kinetischen Energie der einzelnen Teilchen, und das Potential mit der Summe der paarweisen Wechelwirkungen?) Entsprechend ist mir auch unklar, wie daraus eine Produktstruktur des Hilbertraumes folgt.

(Bei der TI kommt die Struktur aus den Algebren der Observablen, die sich aus "gewissen" irreduziblen Darstellungen der "relevanten" Lie-Algebren ergibt.)

Aber irgendwie erscheint mir dies auch der dritte Schritt bevor dem ersten. Selbst wenn im Hamiltonoperator bzw. dessen Bestandteilen eine Produktstruktur enthalten ist, ändert dies doch nichts daran, ob die Behauptung "Ob ein Zustand verschränkt ist, ist Basis-unabhängig" ein Vorurteil ist.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 02. Jun 2024 06:39    Titel: Antworten mit Zitat

Die Erwiederung von Lev Vaidmann kenne ich, die lese sie als "als das Argument ist trivialerweise irrelevant". Ich tendiere dazu, ihm zuzustimmen. Das Argument, der Zustand eines klassischen Systems im strukturlosen Phasenraum trägt keine physikalische Information, wäre ähnlich leer.

Die Struktur für ein Modell folgt ähnlich wie in der TI. H enthält verschiedene Arten von Freiheitsgraden, z.B. die der zu messenden Elektronen, die des Zeigers, der Umgebung … Das entspricht einem Tensorprodukt-Hilbertraum. Dazu kommen natürlich noch weitere Observablen. Der Eingangszustand zeichnet ebenfalls eine Richtung aus.

Die Relevanz der Behauptung, "ob ein Zustand verschränkt ist, sei Basis-unabhängig, ist ein Vorurteil" verstehe ich nicht.

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Freizeitphysiker
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Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 02. Jun 2024 07:07    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Kannst du mir bitte mal in Formeln aufschreiben, inwiefern zwei orthogonale immer Zustände interferieren, die entsprechenden Projektoren in der Dichtematrix jedoch nicht? Ich verstehe nicht, worüber wir da überhaupt noch diskutieren.


Wir reden von normaler Quanteninterferenz. Das einfachste Beispiel sind zwei Impulseigenzustände im Kasten, deren Wellenfunktionen am Rand verschwinden:

und

sind orthogonal für , aber interferieren natürlich



Diese Wahrscheinlichkeitsdichte ist das "Diagonalelement" im Ortsraum (!) der Dichtematrix

und der Interferenzterm kommt genau aus der Summe der beiden Nichtdiagonalelemente (im Impulsraum) von .

Die Interferenz im Ortsraum ist also abwesend, wenn diese Nichtdiagonalelemente in fehlen, m.a.W. in einem Gemisch der beiden Impulseigenzustände anstelle einer Superposition.
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 02. Jun 2024 08:07    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Das einfachste Beispiel sind zwei Impulseigenzustände im Kasten, deren Wellenfunktionen am Rand verschwinden:

Oder nehmen wir lieber periodische Randbedingungen, damit es auch Sinn ergibt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 02. Jun 2024 09:50    Titel: Antworten mit Zitat

Ok, dass du speziell auf den Ortsraum Bezug nimmst, war mir nicht klar.

Das ist für Zeigerzustände, die im Ortsraum definiert sind, natürlich logisch; das muss aber nicht zwingend so sein. Der Ortsraum wird durch wichtige Systeme und praktische Anwendungen ausgezeichnet, jedoch nicht prinzipiell.

Betrachten wir statt der Katze(n) folgendes System: Ein Kasten enthält den Detektor, der den radioaktiven Zerfall misst, sowie einen in zwei Bereiche geteilten Behälter mit Salzsäure und Natronlauge; eine Detektion führt zur Zerstörung der Trennwand; die Zeigerbasis enthält denn keine im Ortsraum gepeakten Zustände sondern soetwas wie {"Salzsäure und Natronlauge", "'Kochsalzlösung"}. Ich würde hier weiterhin von Multiplizität sprechen (es liegt sicher kein irgendwie geartetes Gemisch aus allen drei Flüssigkeiten vor).


Worauf ich lediglich hinauswollte ist dieser Satz: die Verwendung der reduzierten Dichtematrix zeigt diese Orthogonalität bzw. Multiplizität, erzeugt sie jedoch nicht.

Damit meine ich, dass sie ein Hilfsmittel zur Analyse und Interpretation darstellt, die vollständige Information und auch die Zweigstruktur jedoch im reinen Zustandsvektor inkl. der Umgebung stecken; man "sieht" diesem diese Zweigstruktur lediglich nicht an.

Man gewinnt bei vielen Darstellungen zur Dekohärenz den Eindruck, das Ausspuren "bewirke" etwas; "plötzlich läge ein Gemisch vor" oder soetwas. Das ist natürlich Käse. Dass man die reduzierte Dichtematrix als Ensemble und die QM damit stochastisch interpretiert, ist eine mögliche Sichtweise; die MWI vertritt eine andere, und die ist auch zulässig. D.h. die reduzierte Dichtematrix ermöglicht eine stochastische Interpretation, sie erzwingt sie jedoch nicht. Auch darauf weist Zeh immer wieder hin.

Damit meine ich nicht, dass du dies missverstanden hättest.
Aruna



Anmeldungsdatum: 28.07.2021
Beiträge: 916

Beitrag Aruna Verfasst am: 02. Jun 2024 10:36    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Wenn eine Superposition



Multiplizität repräsentieren soll, dann dürfen beide Zustände rechts nicht destruktiv interferieren. Dass sie das nicht tun, ist gemäß Dekohärenz durch Orthogonalität sichergestellt.


sei



Dann ist der Dichteoperator:





mit und als Basis:



die Nichtdiagonalelemente ( ; sind dann die Interferenzterme.
Wenn die verschwinden liegt doch gar kein kohärenter Zustand vor?
Wenn die nicht verschwinden gibt es Interferenz. Oder nicht?
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 02. Jun 2024 10:48    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ok, dass du speziell auf den Ortsraum Bezug nimmst, war mir nicht klar.


Das war doch nur ein Beispiel mit der anschaulichsten Bedeutung von "Interferenz", die es gibt. An einer Superposition von orthogonalen Eigenzuständen kann man ganz allgemein Interferenz anhand von Operatoren feststellen, die in derselben Basis nichtverschwindende Nichtdiagonalelemente haben, z.B. . Wenn interferieren beide Komponenten im Zustand . Mein Beispiel hat lediglich ein spezielles A dazu verwendet

Zitat:

Dass man die reduzierte Dichtematrix als Ensemble und die QM damit stochastisch interpretiert, ist eine mögliche Sichtweise; die MWI vertritt eben eine andere, und die ist auch zulässig. Die reduzierte Dichtematrix ermöglicht eine stochastische Interpretation, sie erzwingt sie jedoch nicht. Auch darauf weist Zeh immer wieder hin.


Ich weiß. Das habe ich ja auch die ganze Zeit gesagt. (Für mich "möglich", aber alles andere als überzeugend.)
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 02. Jun 2024 11:01    Titel: Antworten mit Zitat

@freizeitphysiker –
dann denke ich, dass wir uns einfach nur missverstanden haben

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 02. Jun 2024 11:05    Titel: Antworten mit Zitat

@Aruna –

wenn du die Dekohärenz bzw. Orthogonalität mittels Dichtematrix "erkennen" willst, dann funktioniert dies natürlich nur mittels der reduzierten Dichtematrix; ich hatte freizeitphysiker missverstanden

wie gesagt, mir war nur wichtig, dass die reduzierte Dichtematrix dies zeigt und nicht physikalisch produziert

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Aruna



Anmeldungsdatum: 28.07.2021
Beiträge: 916

Beitrag Aruna Verfasst am: 02. Jun 2024 11:14    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
@Aruna –

wenn du die Dekohärenz bzw. Orthogonalität mittels Dichtematrix "erkennen" willst, dann funktioniert dies natürlich nur mittels der reduzierten Dichtematrix;


Das war nicht meine Frage.
Meine Frage war, warum Orthogonalität garantiert, dass keine (destruktive) Interferenz zwischen zwei Zweigen vorliegt.

Oder meint Wallace, dass nach dem Dekohärenzprozess, aus Sicht eines lokalen Beobachters keine Interferenz mehr zwischen seinem eigenen Zweig und anderen Zweigen, die er gar nicht mehr beobachten kann, vorliegt?
Aus globaler Sicht eines Beobachters, der nicht selbst verschränkt und Teil eines Zweiges ist, durchaus, aber das macht nix?
Jakito



Anmeldungsdatum: 30.05.2024
Beiträge: 66

Beitrag Jakito Verfasst am: 02. Jun 2024 13:32    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Erwiederung von Lev Vaidmann kenne ich, die lese sie als "als das Argument ist trivialerweise irrelevant". Ich tendiere dazu, ihm zuzustimmen. Das Argument, der Zustand eines klassischen Systems im strukturlosen Phasenraum trägt keine physikalische Information, wäre ähnlich leer.

Du meinst, die Erwiderung von David Wallace, korrekt? So ähnlich habe ich sie nämlich auch in Erinnerung. Wobei interessanter Weise in meiner Erinnerung der Teil: "Das Argument, der Zustand eines klassischen Systems im strukturlosen Phasenraum trägt keine physikalische Information, wäre ähnlich leer." subjektiv "viel später" datiert ist, als meine Begegnung mit der Erwiderung. Das liegt aber wohl daran, dass ich diese Sichtweise auf MWI erst sehr spät verstanden habe, nämlich nachdem ich das YouTube Video gesehen hatte, was hier erwähnt wurde:
https://www.physicsforums.com/threads/nima-arkani-hameds-opinion-on-many-worlds.1047087/

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Struktur für ein Modell folgt ähnlich wie in der TI. H enthält verschiedene Arten von Freiheitsgraden, z.B. die der zu messenden Elektronen, die des Zeigers, der Umgebung … Das entspricht einem Tensorprodukt-Hilbertraum. Dazu kommen natürlich noch weitere Observablen. Der Eingangszustand zeichnet ebenfalls eine Richtung aus.

Ob die Produktstruktur jetzt wirklich ein Tensorprodukt ist, sehe ich nicht direkt. Die Elektronen sind ja Fermionen, und schon Schrödinger war sich in seinem Katzen-Paper von 1935 unsicher in diesem Punkt. Ist aber wohl nur ein Nebenkriegsschauplatz. Einen ähnlichen Disput hatte ich mit A. Neumaier auch mal, und habe es damals auf sich beruhen lassen.
Ebenfalls unklar ist mir, wieso bei der MWI die weiteren Observablen auch ins Spiel kommen sollten. Vielleicht, weil der Hamilton Operator aus diesen aufgebaut werden kann? Bei der TI kommen sie ins Spiel, weil sie die Beables sind.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Relevanz der Behauptung, "ob ein Zustand verschränkt ist, sei Basis-unabhängig, ist ein Vorurteil" verstehe ich nicht.

Es ist eine einfachere, und besser definierte Frage. In Bezug auf Schwindts Paper kann "Ich halte das Argument für falsch" vieles bedeuten, z.B. auch "trivial" oder "irrelevant". Ausserdem erhoffe ich mir, ein besseres Verständnis zu bekommen, was genau die Vorstellung des Begriffes der "Basis" ist, die zu dieser Meinungsverschiedenheit führt. Oder ob es diese Meinungsverschiedenheit überhaupt noch gibt.

Mein Ziel ist es nicht, die MWI schlecht zu machen. Ich halte es für wenig zielführend, wenn A. Neumaier emotional über BM, MWI oder CH schimpft. Ich konnte doch einfach im Internet sehen, dass "TomS" (=du) sich für die TI interessiert, und ordentlich physikalisches Verständnis mitbringt. Daher mein Interesse, an dieser Diskussion teilzunehmen. (Wobei es sich blöd anfühlt, wenn der eine seinen Urlaub opfert, und der andere einen Abgabetermin gefährdet.) Deshalb will ich hier etwas zum "Elefanten im Raum" klarstellen:
https://www.astronews.com/community/threads/die-thermal-interpretation-der-quantenmechanik.11402/post-143005
Zitat:
Aus meiner Sicht entsteht das Problem mit MWI durch eine "Oxford" Tradition, die "unendlich" starken und kreativen Leuten wie David Deutsch und David Wallace eine Verhaltens-/Diskussions- Kultur beibringt oder durchgehen läßt, die erwartbar zu zerstörerischen Ergebnissen führt. Nein, die Bohmsche Mechanik ist nicht MWI in einem Zustand der Selbstverleugnung. Nein, es gibt einen Unterschied zwischen Quanten Mechanik und MWI. Nein, die real existierenden Schwierigkeiten der "consistent histories" Interpretation, die aus dem Konflikt zwischen den exakt zu erfüllenden Konsistenzbedingungen in der Theorie, und der Unerreichbarkeit dieser Forderung in der Praxis resultieren, können nicht dadurch behoben werden, indem man die Erfolge dieser Interpretation als Erfolge von MWI verbucht, und sich gleichzeitig von deren Schwierigkeiten erleichtert, indem man weniger rigoros analysiert.

Für mich persönlich war CH die erste Interpretation, wo ich Hoffnung hatte, sie verstehen zu können. Dann hatte ich aber doch die Born+Heisenberg(+Pauli) Sichtweise zuerst verstanden, bevor ich dann CH gründlich studierte. Erst danach studierte ich die TI, und konnte sehen, wie sie die Schwierigkeiten von CH überwandt. Die MWI hatte ich das erste Mal halbwegs verstanden, nachdem ich Sean Carrolls Buch gelesen hatte, d.h. noch später. Erst danach versuchte ich zu verstehen, woher die Verwirrung über das Verhältnis von MWI und CH kam: Murray Gell-Mann war zwar nicht unschuldig, aber Simon Sanders erschien mir als der Hauptschuldige. Und als ich dann auf Harvey R Brown hereinfiel, da hatte sich die "Oxford" Schule bei mir halt ihren Ruf verspielt. Trotzdem halte ich David Wallace und David Deutsch nach wie vor für extrem gute und kreative Philosophen und Physiker. Aber ich halte Everett, Zeh, Vaidman, und Carroll für "ehrlicher".
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 02. Jun 2024 14:30    Titel: Antworten mit Zitat

Nein, ich meine die von Vaidman, an die von Wallace kann ich mich nicht erinnern. Vaidman ist m.E. zu höflich, um zu sagen, dass das Argument völlig verfehlt ist. Siehe mein Beispiel des Zustandes im klassischen Phasenraum, das völlig analog funktionieren würde; sobald du aber einen Planeten und eine Sonne reintust, liefert dir die Lösung der Bewegungsgleichung einen Orbit im Phasenraum.


Die Struktur des Hilbertraumes folgt der des Hamiltonians, der verschiedene Freiheitsgrade unterschiedlich klassifiziert. Deswegen z.B.








Die zusätzlichen Observablen kommen zunächst ins Spiel, weil sie eine sinnvolle zusätzliche Struktur liefern – nicht, weil sie irgendetwas im Kontext einer Messung aussagen; das tun sie möglicherweise auch. Siehe wieder die klassische Mechanik: man analysiert eine Bewegung eines Körpers (unter dem Einfluss einer Zwangsbedingung auf einer Kugeloberfläche) in Polarkoordinaten und unter Betrachtung von Drehimpulserhaltung, Hyperflächen konstanter Energie etc.


Zu den Interpretationen: Kopenhagen bzw. allgemein die Orthodoxie nerven teilweise mit dem – auch heute noch anzutreffenden und dann meist völlig unreflektierten – Meinungsgeflecht "das ist unphysikalisch", "reine Metaphysik", "Physik erklärt nichts", "der Messprozess kann nicht quantenmechanisch verstanden werden" … Mit Verlaub, ich halte sowas für völlig bescheuert. Wenn jemand beschließt seine Zeit darauf zu verschwenden, den Messprozess zu verstehen, dann ist das seine Entscheidung, und die ist auch nicht dümmer als Branenkosmologien in 11 Dimensionen. Daher ist jede Interpretation für mich besser als die Orthodoxie, gepaart mit Denkverboten, "Du-weißt-schon-wer" etc.

Die MWI schätze ich, weil sie verstehen will, und weil sie offene Fragen nicht verbietet. Außerdem schätze ich die, weil sie ontisch ist.


Damit sind wir beim Elefanten im Raum, denn der ist m.E. ein anderer: jede Interpretation geht von einer metaphysischen Grundhaltung aus – auch wenn der jeweilige Vertreter das selbst vehement zurückweisen mag. Alles weitere dazu in meiner Signatur.


Zum Diskussionsstil: Vertreter der MWI haben es mit zwei wesentlichen Arten von Gegenargumenten zu tun: solche in der Sache, und solche resultierend aus Vorurteilen und Unverständnis, weil man die MWI für so lächerlich hält, dass man sich kaum informiert aber trotzdem eine Meinung hat. Letzteres nervt sie, daher evtl. ihr Stil.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 02. Jun 2024 15:07, insgesamt einmal bearbeitet
A.Neumaier
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Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 02. Jun 2024 15:02    Titel: Antworten mit Zitat

Jakito hat Folgendes geschrieben:
Ob die Produktstruktur jetzt wirklich ein Tensorprodukt ist, sehe ich nicht direkt.

Ein Hilbertraum mit Wellenfunktionen der Form psi(x_1,...,x_N) hat automatisch die Struktur eines (topologischen) Tensorprodukts mit N Faktoren.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 02. Jun 2024 15:29    Titel: Antworten mit Zitat

Jakito hat Folgendes geschrieben:
Ich halte es für wenig zielführend, wenn A. Neumaier emotional über BM, MWI oder CH schimpft.

Ich schimpfe nicht nur, sondern gebe auch sehr konkrete Argumente für meine Haltung. Denen, die sich mit oberflächlichen Argumenten zufriedengeben, habe ich nichts zu sagen.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 02. Jun 2024 16:10    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Meine Frage war, warum Orthogonalität garantiert, dass keine (destruktive) Interferenz zwischen zwei Zweigen vorliegt.

Was meinst du mit destruktiver Interferenz genau? Wie im Beispiel von freizeitphysiker, dass an bestimmten Orten destruktive Interferenz vorliegt? Das ist völlig ok. Ich meinte, dass keine vollständige destruktive Interferenz vorliegt, und das garantiert dir die Orthogonalität. Sorry, ich habe das nicht klar formuliert.

Wenn zwei Zustände oder allgemein Projektoren sich gegeneinseitig vollständig auslöschen, dann funktioniert das nur, wenn sie bis auf das Vorzeichen identisch sind. Sind sie orthogonal, können sie sich nicht gegenseitig auslöschen.

freiteitphysiker möchte für Multiplizität speziell im Ortsraum zwei oder mehr getrennte Entitäten sehen; ich denke, man sollte das verallgemeinern, es muss nicht zwingend der Ortsraum sein, aber bleiben wir aus Gründen der Anschaulichkeit im Ortsraum:



seien disjunkte Bereiche.



seien die Projektoren mit



Ob in i etwas existiert, lesen wir aus



ab.

i=1 bezeichne die tote Katze im Eck der Kiste, i=2 die lebende, die in unterschiedlichen Bereichen U_2(t) herumspringt.

Nutzt du eine irgendeine andere a-Basis, liegt die Multiplizität nicht im Ortsraum sondern im a-Raum vor.

Für eine tote und eine lebende Katze am selben Ort kann ich dir keine Lösung anbieten; es ist aber offensichtlich, dass der Ortsraum nicht funktioniert, da die Projektoren nicht orthogonal sondern identisch sind.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 02. Jun 2024 16:13    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Ich schimpfe nicht nur, sondern gebe auch sehr konkrete Argumente für meine Haltung.

Können Sie ihre Kritikpunkte – ohne Argumente – bitte stichpunktartig zusammenfassen? Gerne im anderen Thread.

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A.Neumaier
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Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 02. Jun 2024 17:23    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Ich schimpfe nicht nur, sondern gebe auch sehr konkrete Argumente für meine Haltung.

Können Sie ihre Kritikpunkte – ohne Argumente – bitte stichpunktartig zusammenfassen? Gerne im anderen Thread.

Könnte ich. Aber da ich weder auf die Kritikpunkte, die ich zu Ihrem Herbeizaubern von Bierkrügen und Fussballmannschaften (in zwei neuen Threads vom 21. und 22. Mai) vorgebracht habe, noch auf die zum Tunneln eines Steins durch einen Wand (im alten Thread), eine konstruktive Antwort bekommen habe, mache ich mir diese Mühe nicht.

Im übrigen meinten Sie,
TomS hat Folgendes geschrieben:

Mich würde aber ohnehin am meisten die Thermal Interpretation interessieren, die Professor Neumaier entwickelt hat. Wir haben hier viel über sie diskutiert, jedoch leider nie mit ihm. Ich würde es extrem begrüßen, wenn wir dazu konkret Fragen stellen dürften.

Aber trotz zwei Superlativen haben Sie noch keine konkrete Frage dazu gestellt, obwohl das für mich viel interessanter wäre als aus meiner Sicht irrelevante Interpretationen zu kritisieren.
A.Neumaier
Gast





Beitrag A.Neumaier Verfasst am: 02. Jun 2024 17:33    Titel: Antworten mit Zitat

Jakito hat Folgendes geschrieben:
(Wobei es sich blöd anfühlt, wenn der eine seinen Urlaub opfert, und der andere einen Abgabetermin gefährdet.)

Für mich sind diese Diskussionen eine Art Erholung von der Arbeit an einem dicken Buch über Quantenmechanik, das Ende des Jahres herauskommen soll. Wenn etwas das Projekt gefährdet hat, dann nicht diese Diskussionen, sondern mein Perfektionstrieb....
Aruna



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Beitrag Aruna Verfasst am: 02. Jun 2024 20:39    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aruna hat Folgendes geschrieben:
Meine Frage war, warum Orthogonalität garantiert, dass keine (destruktive) Interferenz zwischen zwei Zweigen vorliegt.

Was meinst du mit destruktiver Interferenz genau?


Ich meine genau das, was Wallace in dem hier vorliegenden Zitat meint, weiß aber eben gerade nicht, was er meint, darum habe ich ja mehrfach danach gefragt.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ich meinte, dass keine vollständige destruktive Interferenz vorliegt, und das garantiert dir die Orthogonalität. Sorry, ich habe das nicht klar formuliert.

Wenn zwei Zustände oder allgemein Projektoren sich gegeneinseitig vollständig auslöschen, dann funktioniert das nur, wenn sie bis auf das Vorzeichen identisch sind.


O.k. also vollständige Auslöschung.

Danke
TomS
Moderator


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Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 02. Jun 2024 21:11    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Im übrigen meinten Sie,
TomS hat Folgendes geschrieben:

Mich würde aber ohnehin am meisten die Thermal Interpretation interessieren, die Professor Neumaier entwickelt hat. Wir haben hier viel über sie diskutiert, jedoch leider nie mit ihm. Ich würde es extrem begrüßen, wenn wir dazu konkret Fragen stellen dürften.

Aber trotz zwei Superlativen haben Sie noch keine konkrete Frage dazu gestellt …

… weil ich dazu noch nicht genug gelesen habe; ich will letztlich auf eine einzige Frage hinaus.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Jakito



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Beitrag Jakito Verfasst am: 03. Jun 2024 00:07    Titel: Antworten mit Zitat

A.Neumaier hat Folgendes geschrieben:
Jakito hat Folgendes geschrieben:
Ob die Produktstruktur jetzt wirklich ein Tensorprodukt ist, sehe ich nicht direkt.

Ein Hilbertraum mit Wellenfunktionen der Form psi(x_1,...,x_N) hat automatisch die Struktur eines (topologischen) Tensorprodukts mit N Faktoren.

Das war Schrödinger natürlich auch klar, aber der Punkt an dem er (1935) unsicher war, ist leicht anders. Man will 2 (oder mehr) Fermionen in raumartig getrennten Gebieten betrachten. Weil die Fermionen durch diese raumartige Trennung im Prinzip unterscheidbar werden, erwartet man die Struktur eines "echten" Tensorprodukts. Der fermionische Teilraum des Hilbertraums mit Wellenfunktionen der Form psi(x_1,...,x_N) ist für diese Frage eher der Grund der Verwirrung, obwohl es vermutlich recht einfach ist, eine geeignete Basis mit Tensorstruktur dieses Teilraums anzugeben (für die betrachtete Situation). Vermutlich kannte Schrödinger sogar eine solche Basis, störte sich aber an der Basisabhängigkeit der Verschränkung.

Bei unserem Disput ging es um den Unterschied zwischen den "algebraic commutation structures" und der Tensorproduktstruktur. Vor kurzem fand ich ein Paper, welches die Tensorproduktstruktur beweist: "Here we give a natural definition of composite system as a set containing the component systems and show how one can logically derive the tensor product rule from the state postulate and from the measurement postulate." Es erwähnt ebenfalls das "MIP*=RE" Ergebnis, was ich damals als Beweis für die Verschiedenheit der beiden Strukturen anführte:
Zitat:
In conclusion, as an aside, we note that in quantum field theory one tends to avoid problems connected with tensor products of infinite dimensional spaces by focusing on algebraic commutation structures, e.g. [27, 28]. In particular, the recent MIP*=RE result [29] implies that, in infinite dimensions, the tensor product is strictly less computationally powerful than the commutation structures, emphasizing the difference among these two structures, at least for the infinite-dimensional case.
Jakito



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Beitrag Jakito Verfasst am: 03. Jun 2024 01:11    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Nein, ich meine die von Vaidman, an die von Wallace kann ich mich nicht erinnern. Vaidman ist m.E. zu höflich, um zu sagen, dass das Argument völlig verfehlt ist. Siehe mein Beispiel des Zustandes im klassischen Phasenraum, das völlig analog funktionieren würde; sobald du aber einen Planeten und eine Sonne reintust, liefert dir die Lösung der Bewegungsgleichung einen Orbit im Phasenraum.

Das ist zwar ein schöner Gedanke, passt aber weder zu Sean Carrolls Auffassung der MWI, noch zu der von Lev Vaidman. Von Sean Carroll gibt es Vorträge und Papers, wo er studiert, ob man alleine aus dem Hamiltionian eine "Lokalitätsstruktur" gewinnen kann, bzw. für welche Klasse von Startwert+Hamiltonians dies funktioniert. Vaidman kommt vom anderen Ende, er glaubt schlicht an die vielen Welten (er ist Schüler von Yahir Aharonov und zieht die MWI der "zeitsymmetrischen" Interpretation von Aharonov vor), und erkärt fröhlich, wie der aktuelle Stand der Entwicklung der MWI ist. Da Schwindts Argument in den Anfangstagen ja auch schon aufgetaucht war, und damals ein echtes Problem darstellte, erklärt er schlicht, wie es inzwischen gelöst wurde.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Zu den Interpretationen: Kopenhagen bzw. allgemein die Orthodoxie nerven teilweise mit dem – auch heute noch anzutreffenden und dann meist völlig unreflektierten – Meinungsgeflecht "das ist unphysikalisch", "reine Metaphysik", "Physik erklärt nichts", "der Messprozess kann nicht quantenmechanisch verstanden werden" … Mit Verlaub, ich halte sowas für völlig bescheuert.

Heisenberg ist schnell dabei, Pauli und Bohr zuzustimmen. Seine Paper publiziert er aber trotzdem, selbst wenn Pauli oder Bohr es verhindern wollen. Er kannte seine Pappenheimer. Auch Edward Teller, vermute ich. Hat die amerikanischen Physiker fröhlich ins Messer laufen lassen, die selbstgerecht über ihn gerichtet hatten. Und hat Born dann noch den Nobelpreis gesichert, als der in vorgeschrittenem Alter ein wenig frustriert war, wieso seine Leistungen ignoriert wurden, bzw. Bohr zugeschrieben.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die MWI schätze ich, weil sie verstehen will, und weil sie offene Fragen nicht verbietet. Außerdem schätze ich die, weil sie ontisch ist.

Carl Friedrich von Weizsäcker hatte mit seiner Theorie der Uralternativen auch an einer ontischen Interpretation gearbeitet (davon hatte ich ursprünglich in Lienhard Pagel "Information ist Energie" gelesen), und Heisenberg hat gerne mit ihm darüber diskutiert. (Es gibt YouTube Videos dieser Diskussionen.) Die beiden scheinen sich an Bohrs Denkverboten nicht sehr gestört zu haben.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Zum Diskussionsstil: Vertreter der MWI haben es mit zwei wesentlichen Arten von Gegenargumenten zu tun: solche in der Sache, und solche resultierend aus Vorurteilen und Unverständnis, weil man die MWI für so lächerlich hält, dass man sich kaum informiert aber trotzdem eine Meinung hat. Letzteres nervt sie, daher evtl. ihr Stil.

Mich stört an der "Oxford" Schule etwas anderes, glaube ich. Es fühlt sich an wie eine Art der bewussten Irreführung.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 03. Jun 2024 06:17    Titel: Antworten mit Zitat

Dein Einwand, mein Beispiel des klassischen Phasenraums sei verfehlt, würde mich näher interessieren. Ich sehe nicht, wo die Analogie unzutreffend wäre.

Bei der Suche nach einer Lokalitätsstruktur geht es m.E. um etwas leicht anders:
Welche Systeme liefern eine solche? Das ist letztlich die Suche nach realistischen Modellen, also dem jeweiligen Hamiltonian.
Mittels welcher Methoden kann ich sie analysieren? Also reduzierte Dichtematrizen, Projektorfamilien wie in der CH …
An keiner Stelle geht es um eine weitere fundamentale Zutat. Oder übersehe ich etwas?

Zum Diskussionsstil zwischen Bohr, Heisenberg et al. kann ich nichts sagen, ich war nicht dabei. Dass aber auch heute das persönliche Desinteresse oder die shut-up-and-calculate-Haltung bzgl. des Messproblems unreflektiert mit dessen nicht-Existenz verwechselt wird, kann man in diversen Foren ja nachvollziehen.

Die bewusste Irreführung seitens der "Oxford-Schule" nehme ich nicht war. Hast du ein Beispiel?

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Freizeitphysiker
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Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 03. Jun 2024 07:09    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Was meinst du mit destruktiver Interferenz genau? Wie im Beispiel von freizeitphysiker, dass an bestimmten Orten destruktive Interferenz vorliegt? Das ist völlig ok. Ich meinte, dass keine vollständige destruktive Interferenz vorliegt, und das garantiert dir die Orthogonalität.


Mit Interferenz sind die Phasenrelationen innerhalb der Superposition zwischen den beiden Basis-Zuständen gemeint. Sei z.B. . Die Phaseninformation (also den Realteil der relativen Phase) bekommt man z.B. durch Messung der Übergangswahrscheinlichkeiten



Für beschreibt dies sowohl konstruktive (+) als auch destruktive (-) Interferenz. Die Interferenz bei (-) ist vollständig destruktiv, wenn z.B. . In dem Fall ist sie bei (+) vollständig konstruktiv. Auf dem Rest des Einheitskreises ist es genau andersrum. Konstruktive und destruktive Interferenz treten zusammen auf. Genau wie im Ortsraum.

Man kann in dem Sinne also nicht davon sprechen, dass hier eine Duplizität von sowohl "a"- als auch "b"-Struktur (die beiden orthogonalen Basiszustände) vorliegt, die man jeweils in den Übergangswahrscheinlichkeiten und einzeln sehen würde. Und genau deshalb schließt Wallace diesen Fall ja auch aus. (siehe seine Bemerkungen zu Gl. (2.8)).
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 03. Jun 2024 08:31    Titel: Antworten mit Zitat

Danke, soweit ich das sehe, passt auch zu meinem Gedanken oben.

Du hattest aber oben auch noch das Beispiel mit den Wellenfunktionen genannt, und dabei wird die Situation einfacher und verständlicher.

Der zentrale Punkt ist die Vorhersage der Multiplizität (z.B. auf Basis Dekohärenz) insoweit wir sie klassisch nicht erwarten und insbs. auch nicht beobachten.

1. Aus Gründen der Anschaulichkeit können wir uns dabei auf den Ortsraum beschränken (prinzipiell müssen wir das nicht; eigtl. müssen wir uns explizit überlegen, weswegen der Ortsraum überhaupt ausgezeichnet ist, also warum unser Erleben im Ortsraum stattfindet, denn die Axiome der QM zeichnen den Ortsraum nicht aus).
2. Bestimmte Systeme können wir ausschließen, z.B. stört sich niemand daran, dass (rein mathematisch) hinter einem halb-durchlässigen Spiegel aus einem Wellenpaket zwei werden; das Problem tritt erst bei der Messung auf
3. Insbs. geht es bei der Messung um die Übertragung der mikroskopischen auf eine makroskopische Multiplizität, d.h. wenn die beiden Wellenpakete zwei makroskopische Zeiger triggern, einen für "links" und einen für "rechts", wobei im Endzustand beide Anzeigen kodiert sind (die Dichtematrix des Zeigerfreiheitsgrade hat zwei makroskopisch unterscheidbare Peaks im Ortsraum, es werden zwei räumlich getrennte Detektorelemente aktiviert …)

Diese Multiplizität ist in einem eindimensionalen Zustandsvektor des Gesamtsystems kodiert, insofern ist die Diskussion der Interferenz zweier Zustände m.E. zu technisch und evtl. auch unnötig.

Ich würde das Messproblem am Beispiel der Detektion von Photonzuständen in eine einfache Frage umformulieren:

Wieso beobachten wir nicht diese makroskopische Multiplizität, die aus dem quantenmechanischen Formalismus *) folgt?

*) dabei meine ich die üblichen Axiome, jedoch unter Verzicht auf das Projektionspostulat; die Modellierung einfacher Systeme und deren Untersuchung insbs. im Kontext der Dekohärenz.

Man kann die Frage auch etwas anders formulieren:

Wie folgt aus einem im Ortsraum nicht-lokalisierten mathematischen Zustand **) die Messung eines einzigen ***) eng lokalisierten Detektorereignisses?

**) der Zustandsvektor, die Wellenfunktion, die Dichtematrix … muss über einen makroskopischen Bereich delokalisiert sein, andernfalls könnten wir z.B. Interferenzmuster an Kristallen nicht verstehen
***) im Bereich gewisser Unschärfen

Ich kenne darauf im wesentlichen folgende Antworten:
die orthodoxe Interpretation in allen möglichen Spielarten: der mathematische Zustand beschreibt keinen realen Prozess sondern stellt lediglich ein Werkzeug zur Berechnung von Detektiobswahrscheiichkeiten dar; das funktioniert FAPP, einen nicht beobachtbaren Prozess muss die QM gar nicht beschreiben, das Projektionspostulat (Kollaps) ist OK
Erweiterungen der Quantenmechanik, z.B. GRW, Ideen von Penrose: die unitäre, lineare Zeitentwicklung ist nicht die ganze Wahrheit; sie muss um ein stochastisches und in der Zeit irreversibles Element erweitert werden, das eine Art physikalischen Kollaps induziert
die MWI: die Multiplizität ist real, jedoch unbeobachtbar; die Axiome bzgl. der Dynamik sind vollständig
die TI: die Multiplizität ist eine Fiktion aufgrund zu starker und letztlich unzulässiger Vereinfachungen, insbs. der zu simplen Modelle sowie der Annahme abgeschlossener Systeme und damit der unitären Zeitentwicklung; für realistische Annahmen verschwindet die Multiplizität

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Beitrag Jakito Verfasst am: 03. Jun 2024 09:11    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Dein Einwand, mein Beispiel des klassischen Phasenraums sei verfehlt, würde mich näher interessieren. Ich sehe nicht, wo die Analogie unzutreffend wäre.

Dein Einwand ist nicht verfehlt, es ist ein schöner Einwand. Aber er passt nicht zu Lev Vaidman. Wie gesagt, ich erinnere mich nicht mehr genau daran, wann ich diesen Einwand zum ersten Mal gehört habe, konnte mir jedoch gut vorstellen, dass er von David Wallace kam.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die bewusste Irreführung seitens der "Oxford-Schule" nehme ich nicht war. Hast du ein Beispiel?

Ich hatte Bernhard gegenüber folgende Beispiele gegeben:
Jakito hat Folgendes geschrieben:
Nein, die Bohmsche Mechanik ist nicht MWI in einem Zustand der Selbstverleugnung. Nein, es gibt einen Unterschied zwischen Quanten Mechanik und MWI. Nein, die real existierenden Schwierigkeiten der "consistent histories" Interpretation, die aus dem Konflikt zwischen den exakt zu erfüllenden Konsistenzbedingungen in der Theorie, und der Unerreichbarkeit dieser Forderung in der Praxis resultieren, können nicht dadurch behoben werden, indem man die Erfolge dieser Interpretation als Erfolge von MWI verbucht, und sich gleichzeitig von deren Schwierigkeiten erleichtert, indem man weniger rigoros analysiert.

Die ersten beiden gehen auf David Deutsch zurück, und sind eigentlich recht bekannt. (Kann aber gerne Stellen raussuchen, wo Deutsch die explizit so sagt.) Die letzte bezieht sich auf "Many Worlds? An Introduction" von Simon Saunders, und zwar den Absatz:
Simon Saunders hat Folgendes geschrieben:
But this difficulty does not apply to the marriage of decoherence theory in the more general sense with the consistent histories formalism, as carried through by Gell-Mann and Hartle and J.J. Halliwell in the 1990s and 2000s.⁷ Decohering histories in the latter sense are robustly defined. But decoherence (and the consistency condition) obtained in this way is never exact. On a one-world interpretation, ‘sufficiently small’ interference ε is then the criterion for probabilistic change at the fundamental level; what value of ε > 0, precisely, is the trigger? Worse, there is no algorithm for extracting even approximately decohering histories for any Hamiltonian and any state. How are the latter to be constrained? This is at best a programme for modifying quantum mechanics, or replacing it.

It is otherwise if decoherent histories theory is in service of the Everett interpretation—defining, among other things, the preferred basis. In that case it hardly matters if, for some states and regimes, decohering histories are simply absent altogether: the fundamental reality, the wavefunction of the universe, is still well defined (Zurek [1993], Saunders [1993, 1995a]). Context-dependence and inexactitude as to how it is to be broken down into recognizable parts is to be expected.


Zuletzt bearbeitet von Jakito am 03. Jun 2024 12:03, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 03. Jun 2024 09:16    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn mein Einwand für sich betrachtet schön ist, ist es mir egal, wenn er nicht zu Vaidmans Ideen passt 🙃

Der Text von Saunders ist ohne Kontext ziemlich kryptisch, aber ich verstehe was du meinst.

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Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 03. Jun 2024 12:18    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Danke, soweit ich das sehe, passt auch zu meinem Gedanken oben.



Hm, ich bin nicht sicher, was Du da oben meintest. Du sagst es ginge nur um destruktive Interferenz und diese sei "durch Orthogonalität" ausgeschlossen. Aber bei Wallace geht es um beides, weil bei der Superposition immer beides zusammen auftritt. In seinem Beispiel (2.8) ist die Interferenz der beiden "lebend"-Strukturen vollständig destruktiv und deshalb die Interferenz der beiden "tot"-Strukturen vollständig konstruktiv. Denn die beiden Interferenzterme gehen mit und in seinem Beispiel ist . Was übrigbleibt ist eine einzige tote Katze und keine Multiplizität von Katzen. Das ist m.M.n. genau der Punkt, auf den er dort hinaus will.

Und die Art der Interferenz hat nichts mit der Orthogonalität der beiden Basiszustände zu tun, sondern nur mit ihrer relativen Phase .
Freizeitphysiker
Gast





Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 03. Jun 2024 13:02    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wieso beobachten wir nicht diese makroskopische Multiplizität, die aus dem quantenmechanischen Formalismus *) folgt?


TomS hat Folgendes geschrieben:

die MWI: die Multiplizität ist real, jedoch unbeobachtbar; die Axiome bzgl. der Dynamik sind vollständig
die TI: die Multiplizität ist eine Fiktion aufgrund zu starker und letztlich unzulässiger Vereinfachungen, insbs. der zu simplen Modelle sowie der Annahme abgeschlossener Systeme und damit der unitären Zeitentwicklung; für realistische Annahmen verschwindet die Multiplizität


Was mir gerade auffällt: du formulierst die Aussagen der TI öfter unter den Voraussetzungen der MWI, die Du gleichzeitig mit der Gültigkeit bestimmter Modelle rechtfertigst. In der TI ist die Frage ob Multiplizität a la Wallace auftritt, keine Frage des verwendeten Modells. Die Welt ist immer eine Einheit. Lediglich die Frage, welche objektiven Eigenschaften diese Welt und ihre Teilsysteme haben, hängt davon ab welches Modell jeweils gültig ist. Und von den Voraussetzungen dieser Modelle hängt nur ab wie präzise sie diese Eigenschaften beschreiben können.

Wallace selbst nimmt die Multiplizität auch nicht als aus dem Formalismus gegeben an. Er rechtfertigt sie mit allerhand (für mich eben nicht überzeugenden) philosophischen Argumenten über "Emergenz", "Funktionalismus" etc. Es ist sicher leichter sich der TI zu nähern, wenn man nicht von vornherein das Auftauchen von kohärenten und dekohärenten Summen im Formalismus mit der philosophisch begründeten "emergenten Multiplizität" von Wallace in einen Topf wirft.
Jakito



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Beitrag Jakito Verfasst am: 03. Jun 2024 13:08    Titel: Antworten mit Zitat

Vielleicht habe ich Harvey R Brown (in meiner Diskussion mit David Marcus) doch ein wenig unrecht getan. Es gibt durchaus "Präsentationen und Paper", die erklären in welchem Sinne Viele-Welten Interpretationen lokal sind. Siehe z.B.:
https://www.youtube.com/watch?v=gSAtARpYx1M (Were you told that our world is nonlocal? Gilles Brassard)
In der Beschreibung unter dem Video findet man bei "Links: This may be helpful to read:"unter anderem
https://arxiv.org/abs/1710.01380 ("The equivalence of local-realistic and no-signalling theories" von Paul Raymond-Robichaud)
TomS
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Beiträge: 18740

Beitrag TomS Verfasst am: 03. Jun 2024 15:35    Titel: Antworten mit Zitat

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Was mir gerade auffällt: du formulierst die Aussagen der TI öfter unter den Voraussetzungen der MWI, die Du gleichzeitig mit der Gültigkeit bestimmter Modelle rechtfertigst.

Tue ich letzteres? Dann ist das ein Missverständnis.

Ich rechtfertige nicht die MWI, ich rechtfertige, dass die MWI unter gewissen Voraussetzungen eine rationale Option ist; dazu gehört für mich der Wunsch nach einer ontischen Interpretation, und dazu gehörte für mich das Auftreten der Multiplizität in gewissen Modellen.

Komme ich von der TI her und ziehe die Gültigkeit dieser Modelle als Modelle für die Realität prinzipiell in Zweifel, dann kollabiert diese Rechtfertigung.

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
In der TI ist die Frage ob Multiplizität a la Wallace auftritt, keine Frage des verwendeten Modells. Die Welt ist immer eine Einheit. Lediglich die Frage, welche objektiven Eigenschaften diese Welt und ihre Teilsysteme haben, hängt davon ab welches Modell jeweils gültig ist. Und von den Voraussetzungen dieser Modelle hängt nur ab wie präzise sie diese Eigenschaften beschreiben können.

Ich versuche es mal anders zu formulieren, und du sagst mir, ob ich es richtig verstanden habe:

Ob in der realen Welt und dort in einem konkreten System Multiplizität auftritt oder nicht, ist keine Frage des Modells für das System, sondern einfach eine Frage der Tatsachen in der Welt und in diesem System. Habe ich verschiedenen Modelle für das System solche mit und solche ohne Multiplizität, so können nicht alle Modelle richtig sein. Die Realität entscheidet über die Gültigkeit der Modelle und deren Vorhersagen, nicht umgekehrt (das Problem, dass wir eine Vorhersage bzgl. real existierender jedoch unbeobachtbarer Multiplizität nicht experimentell prüfen könen, lassen wir mal außen vor ).


Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Es ist sicher leichter sich der TI zu nähern, wenn man nicht von vornherein das Auftauchen von kohärenten und dekohärenten Summen im Formalismus mit der … "emergenten Multiplizität" … in einen Topf wirft.

Andersherum: es wäre für viele viel leichter, sich der TI zu nähern, wenn diese kompakt darstellen würde, welche Punkte der orthodoxen Interpretation (weil bekannt) und der MWI (weil ebenfalls ontisch, und weil eine prominente Gegenposition) sie anders sieht und wie sie die entsprechenden Probleme anders zu lösen gedenkt.
Freizeitphysiker
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Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 03. Jun 2024 16:17    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Was mir gerade auffällt: du formulierst die Aussagen der TI öfter unter den Voraussetzungen der MWI, die Du gleichzeitig mit der Gültigkeit bestimmter Modelle rechtfertigst.

Tue ich letzteres? Dann ist das ein Missverständnis.

Ich rechtfertige nicht die MWI, ich rechtfertige, dass die MWI unter gewissen Voraussetzungen eine rationale Option ist;


Das meinte ich auch so. "die du ... rechtfertigst" bezog sich auf die Voraussetzungen, nicht auf die MWI. Also Du sagst: die Multiplizität steckt nunmal im Formalismus und die MWI behauptet lediglich, dass der Formalismus die Realität beschreibt, also ist auch die Multiplizität real. Wie du aber selbst sagst, mußt Du für die "Multiplizität" im Formalismus Modellannahmen machen.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
In der TI ist die Frage ob Multiplizität a la Wallace auftritt, keine Frage des verwendeten Modells. Die Welt ist immer eine Einheit. Lediglich die Frage, welche objektiven Eigenschaften diese Welt und ihre Teilsysteme haben, hängt davon ab welches Modell jeweils gültig ist. Und von den Voraussetzungen dieser Modelle hängt nur ab wie präzise sie diese Eigenschaften beschreiben können.

Ich versuche es mal anders zu formulieren, und du sagst mir, ob ich es richtig verstanden habe:

Ob in der realen Welt und dort in einem konkreten System Multiplizität auftritt oder nicht, ist keine Frage des Modells für das System, sondern einfach eine Frage der Tatsachen in der Welt und in diesem System. Habe ich verschiedenen Modelle für das System solche mit und solche ohne Multiplizität, so können nicht alle Modelle richtig sein.

Es ist immer schwer zu unterscheiden, ob Du mit "Multiplizität" einfach meinst, dass in einem Modell ein Zustand auftaucht, den man in Komponenten bzgl. einer bestimmten Basis zerlegen kann oder ob du dasselbe meinst wie Wallace.

In der TI enthält kein Modell die Art von Multiplizität, von der Wallace redet, egal wie unrealistisch es ist. Denn diese Art wird nicht mit Modellen oder Formalismus begründet, sondern mit völlig anderen Argumenten. Aus dem Grund behauptet die TI auch nicht, dass in realistischen Modellen diese Multiplizität verschwindet. Sie ist nämlich nie da. Ich denke das folgt sofort aus den Aussagen, in denen die TI definiert was "da" (real) ist und was nicht. (Aber Zustände kannst Du natürlich trotzdem rein formal in irgendwelche Komponenten zerlegen und zwar in jedem beliebigen Modell.)


Zitat:

Freizeitphysiker hat Folgendes geschrieben:
Es ist sicher leichter sich der TI zu nähern, wenn man nicht von vornherein das Auftauchen von kohärenten und dekohärenten Summen im Formalismus mit der … "emergenten Multiplizität" … in einen Topf wirft.

Andersherum: es wäre für viele viel leichter, sich der TI zu nähern, wenn diese kompakt darstellen würde, welche Punkte der orthodoxen Interpretation (weil bekannt) und der MWI (weil ebenfalls ontisch, und weil eine prominente Gegenposition) sie anders sieht und wie sie die entsprechenden Probleme anders zu lösen gedenkt.


Naja, ich glaube es reicht diesen ganzen Metaphysikballast mal kurz abzustreifen und die Aussagen der TI für sich selbst stehen zu lassen. Und diese Aussagen sind sehr kompakt dargestellt (gerade wieder in einem neuen Thread). Man muss sie nicht mit anderen Interpretationen vergleichen um sie zu verstehen.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 03. Jun 2024 16:27    Titel: Antworten mit Zitat

Ich brauche nicht den ganzen Ballast von Wallace, um zu erklären, was ich mit Multiplizität meine.

Zunächst mal brauche ich dazu keine Zerlegung bzgl. einer Basis (zu der ich erklären muss, in welcher Weise sie ausgezeichnet ist); ich brauche eine basis-unabhängige Definition von Multiplizität. Für einen Zustand psi und eine geeignete Observable A enthält



bzw.



zwei räumliche getrennte Peaks. a(x) repräsentiert dabei z.B eine Materie, Feld- oder Energiedichte.

Da ich die mathematische Beschreibung ontisch interpretiere, entspricht diese mathematische Multiplizität einer realen Multiplizität.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 03. Jun 2024 16:44, insgesamt 2-mal bearbeitet
Freizeitphysiker
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Beitrag Freizeitphysiker Verfasst am: 03. Jun 2024 16:33    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich brauche nicht den ganzen Ballast von Wallace, um zu erklären, was ich mit Multiplizität meine.


Meinetwegen nicht. Dann meinst Du doch aber etwas anderes als er.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Zunächst mal brauche ich dazu keine Zerlegung bzgl. einer Basis (zu der ich erklären muss, in welcher Weise sie ausgezeichnet ist); ich brauche eine basis-unabhängige Definition von Multiplizität.


Hast Du eine? Wie lautet die denn? Ich dachte eine rein formale Definition von Multiplizität/Zweigen etc. sei für dich ein ungelöstes Problem.
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